22.06.2000

Der Mord von Dessau

Alberto Adriano von Nazis erschlagen  - Trauer und Konsequenz

Wer die Nazi-Horden zwecks "besserer Beobachtbarkeit" noch immer nicht verbietet, redet sich aus der Verantwortung.  Kriminelle Banden gehören nicht beobachtet, sondern eingesperrt. 
Wer nur "beobachten" will, der verweigert unserer Rechtsordnung den Schutz.  Heute ist der richtige Zeitpunkt  für diesen Vorwurf an die Adresse unserer Staatsgewaltdreifaltigkeit und nicht erst dann, wenn weitere Opfer zu beklagen sind. Heute ist der richtige Zeitpunkt für die Verbotsforderung.

Im Schatten aller Debatten um die Ausländerkriminalität ist eine mörderische "Inländerkriminalität" gereift, die erheblich ernster die Innere Sicherheit gefährdet  -  eine Sicherheit, die für Minderheiten und Mitbürger ausländischer Abstammung in vielen Regionen längst nicht mehr gewährleistet ist.

Konservative Politiker treiben unverdrossen Wahlkampf mit latenter Ausländerfeindlichkeit, während unsere Gesellschaft brennende Synagogen und Ermordete erntet. Rechtsradikale feiern ihre Hassparaden mit richterlichem Segen. Rechtsradikale verlachen die Demokratie und deren zärtliche Reaktion auf den Gesetzesbruch. 

Wie sollen wir mit den Mördern von Alberto Adriano verfahren?  Schaffen wir das Strafrecht ab? Oder wenden wir es an?:  Auf Mord steht lebenslange Freiheitsstrafe. Aber Strafe muss Strafe sein, denn eine Gesellschaft, die auf den Respekt gegenüber ihrer Ordnung verzichtet, verliert ihre Ordnung. Und dieser Punkt ist erreicht. Nicht erst seit Dessau, nicht erst seit Rostock, Hoyerswerda oder Guben.

Versagt hat die Öffentlichkeit, versagt haben die Eltern, die Lehrer. Es versagen all jene, die wegschauen und schweigen. Es versagen alle, die nicht nachfragen, was aus den Tätern wurde und den Angehörigen der Ermordeten.

Es gibt keine Entschuldigung für den Hass, der in der Bevölkerung Platz greift und für eine "normale Reaktion" auf Probleme gehalten wird, die sich daraus ergeben, dass die Globalisierung über alle Grenzen hinweg eben nicht nur Luxusgüter, sondern auch Menschen "verschiebt".
Es gibt keine Entschuldigung für die Ignoranz gegenüber der Logik, dass aus diesem Hass jene Gewalt entsteht, deren politisches Alibi von konservativen Wahlkampfspielchen argumentative Nahrung erhält:  Wer in diesem Land und jetzt noch immer wagt, mit Straßenkampagnen und ausländerfeindlichen Parolen politische Macht zu ergattern, der ist mitschuldig, züchtet die Dummheit, den Hass und mehrt die mörderischen Amokläufer.

Es sind alle Register zu ziehen: Argumente, solange sie Gehör finden, aber keinerlei opportunistische Nachsicht, wenn es Straftaten zu sühnen gilt.

Wir trauern um Alberto Adriano - und den Mördern soll das Lachen vergehen.

Das Maß ist voll.

Diesen Artikel an Bekannte verschicken

Rechtsextremismus         rechtsextremistische Gewalt