Dein Posting fand ich bei kurdmania.com in einer etwas längeren Version,
deren Schlussforderungen Du nicht zitiertest. Möglicherweise verzichtetest
Du deshalb, weil Du mit der PKK-Autorenschaft nicht einverstanden bist, aber
den Text für grundsätzlich richtig hältst. Ich halte ihn für falsch und
probiere es mal mit Ausführlichkeit, weil ich Deine eigenen Postings
ansonsten für gescheit halte.
derik-desperado-47 zitiert: Türkei und USA
raus aus Kurdistan!
Zumindest der Parolen-Bestandteil "USA raus aus Kurdistan!" stellt
eine Wende in der PKK-Propaganda dar, denn die PKK begrüßte - wie auch
viele andere Kurden - den Krieg des G.W. Bush gegen den Irak.
An der Frage, ob der Irak-Krieg richtig oder falsch war, zerbrach übrigens
die damalige Inidia-Redaktion im Kurdenbereich. Viele Kurden machten sich
Hoffnungen. Davon erfüllten sich einige im Nordirak, in der Türkei nicht.
- Auch wer auf das "militärisch Machbare" setzt, kommt an
Grenzen.
Wer heute "USA raus!" ruft und damals "USA her!" rief,
macht sich und der Welt etwas vor, macht eigene Geschichte vergessen, denn
die US-Army steht nun mal nicht unter PKK-Oberbefehl.
derik-desperado-47 zitiert: Offiziell
galten die Angriffe Stellungen kurdischer Freiheitskämpfer der
Arbeiterpartei Kurdistan PKK. Doch getroffen wurde die Bevölkerung der Dörfer.
Zivilisten, vor allem Frauen und Kinder, ...
Militärische Angriffe als ausschließlich militärischen Zielen geltend zu
proklamieren, gehört zur typischen Propagande jedes Angriffs, während
militärische Angriffe des Feindes auf zivile Ziele zu reduzieren, typischer
Teil der Gegenpropaganda ist. Beides ist nur äußert beschränkt glaubwürdig.
derik-desperado-47 zitiert: Verlogen und
zahnlos waren die Proteste der Kurdischen Regionalregierung in Erbil und der
irakischen Regierung in Bagdad gegen die völkerrechtswidrige Verletzung
ihrer Souveränität durch die türkischen Truppen.
Die Angriffe der türkischen Militärs auf nordirakisches Gebiet wurden von
der EU scharf kritisiert. Und mehr als solche Kritik darf nicht sein, weil
es einer ungerechtfertigten Parteinahme in den militärischen
Auseinandersetzungen gleichkäme.
Ungerechtfertigt deshalb, weil die PKK trotz Abmahnungen aus Erbil, Bagdad
und Ankara den Nordirak als Rückzugs- und Aufmarschgebiet gegen türkisches
Staatsgebiet nutzte und damit die relativen Souveränitätsrechte des
kurdischen Autonomiegebietes verletzte und damit die Entwicklung im Nordirak
destabilisiert.
Wenn die PKK jahrelang gegenüber der Türkei mit "Kommt-doch!"-Parolen
prahlte, dann ist es albern, wenn sie sich nun beschwert, dass die türkische
Armee tatsächlich "kommt".
Die PKK begünstigte fortlaufend den türkischen Nationalismus und
entsprechende Angriffe - ohne Rücksicht darauf, ob solche Angriffe Opfer in
der Zivilbevölkerung bringen, denn solche typischen Folgen nutzt die PKK
wiederum für ihre antitürkische Propaganda.
derik-desperado-47 zitiert: Diese
Marionettenregimes ...
Diese Regierungen als "Marionettenregimes" zu bezeichnen, ist
falsch, leugnet die demokratische Legitimation, die sie durch Wahlen
erfuhren, immerhin eine Legitimation, die der PKK vollends fehlt, und die
sie sich auch nicht durch Berufung auf Freiheitsansprüche bzw. eigene
Stellvertreter- und Machtansprüche ersetzen kann, wie auch wir beide nicht
von uns behaupten könnten: "Allein wir vertreten die
Menschheitsinteressen gegen die zweifelsohne zahlreichen Verbrecher in allen
Regierungen und dürfen deswegen allen Regierungen den Krieg machen."
derik-desperado-47 zitiert: Diese
Marionettenregimes hängen schließlich finanziell und militärisch von der
Gunst der US-Besatzer ab.
"Finanziell hängt" die Regierung in Erbil zunächst mal von Erdöl-Exporten
ab.
"Militärisch hängt" die Regierung in Erbil allenfalls dadurch
von der US-Besatzung ab, als dass diese den Irak in ein Chaos stürzte, in
dem sich die kurdischen Iraker weitgehende Autonomie verschaffen konnten.
Das jedoch vermochten die irakischen Kurden vor allem aus eigener militärischer
Kraft.
Übrigens wäre kaum eine Regierung der Welt vor anderen Staaten sicher,
wenn ihnen nicht das Weltrecht bzw. leider nur konkurrierende
Machtinteressen einen Bestandschutz und Souveränität wahren würden.
Solche Abhängigkeiten sind von derart allgemeiner Gegenseitigkeit, dass sie
für einzelne Staaten nicht ohne Realitätsverlust geleugnet werden können.
Nicht einmal für die Supermächte, wie man in Washington zunehmend
einsieht, wie man auch in Peking und Moskau weiß - und sich deshalb als
Quasi-Verbündete beispielsweise des Iran in Szene setzen möchte.
derik-desperado-47 zitiert: Während sich
die Parteiführungen der Demokratischen Partei Kurdistans und der
Patriotischen Union Kurdistans auf Kosten des Volkes schamlos bereichern,
...
"Schamlose Bereicherung" können/dürfen/müssen wir jeder
Regierung vorwerfen, um zu versuchen, solcher Bereicherung Grenzen zu
setzen. Ob es gelingt, ist eine Frage der Transparenz, der Pressefreiheit,
der Demokratie.
"Auf Kosten des Volkes" ist nun mal jede Berufspolitik, ob in
sozialistischen oder kapitalistischen Staaten, wie ich aus beiden erzählen
kann, denn ich lebte in beiden.
Und auch ein Öcalan verdiente sich seinen Lebensunterhalt nicht mit Saat
und Ernte von Zwiebeln, sondern durch Spenden - einschließlich deren
Eintreibung. In den Achtzigern war von "Revolutionssteuer" die
Rede und sogar auch in Berlin-West galt den PKK-Aktivisten jeder Kurde als
"Verräter", wenn er die PKK nicht finanziell unterstützte.
derik-desperado-47 zitiert: sind ihre
Peschmerga-Milizen zu Söldnertruppen der US-Besatzer geworden.
Nun bin ich zwar kein Freund der Peschmerga, aber sie auf eine "Söldnertruppe
der USA" zu reduzieren, ist unsinnig, auch wenn sie den USA gegen den
Iran verbündeter Störfaktor sein mag, aber unsinnig wie die PKK auf eine
"Söldnertruppe der UdSSR" zu reduzieren, auch wenn die PKK sich
zwischenzeitlich sowjetischer Unterstützung gegen das NATO-Land Türkei
erfreute.
Solche Verkürzungen sind typisch für die Propaganda verfeindeter Parteien
- einfach den Konkurrenten des "Verrats" beschuldigen, als
"Marionette" anderer Kräfte zu verleumden, ...
derik-desperado-47 zitiert: Peschmergas
jagen zwar irakische Widerstandskämpfer in den arabischen Städten Bagdad
und Falludscha, ...
Die Peschmerga hat ihren Aktionsradius gänzlich anderswo. Die PKK will mit
solch abwegigen Behauptungen nur die Abwegigkeit der Peschmerga suggerieren,
aber in Bagdad und Falludscha "wirken" ganz andere Kräfte.
derik-desperado-47 zitiert: aber sie sind
nicht Willens und in der Lage, die kurdischen Yeziden in Sengal vor
Terroranschlägen und die Region Kurdistan vor türkischer und iranischer
Bombardierung zu schützen.
Darin sind sich Peschmerga und PKK absolut gleich, indem sie mehr Unheil
provozieren als sie verhindern können.
derik-desperado-47 zitiert: Die Kurdische
Regionalregierung beteiligt sich stattdessen an der Repression gegen die
PKK. Die Kandil-Berge wurden mit einem Hungerembargo belegt, das vor allem
die Zivilbevölkerung trifft, Büros PKK-naher Organisationen sind verboten
worden.
Die im Nordirak befindliche PKK widersetzte sich den Aufforderungen der
Regionalregierung zur Einstellung von Kampfhandlungen gegen die Türkei.
derik-desperado-47 zitiert: Der
US-Imperialismus setzt weiterhin auf eine Spaltung der Völker entlang
ethnischer, religiöser und nationaler Linien.
Man mag den USA vieles vorwerfen, aber das ist nun wirklicher Unsinn, die
Spalterei geht nun mal primär von Separatisten aus.
derik-desperado-47 zitiert: Die Lösung der
kurdischen Frage kann heute nur in einer gemeinsamen antiimperialistischen
Front der Völker der Region ...
In Zeiten, in denen sich die PKK weniger Hoffnungen macht, in einem Staat
von Bedeutung zu sein, fiel sie schon immer in anti-staatliche Parolen zurück.
So sehr auch ich die Staaten in ihrer Funktion in Richtung Vereinte Nationen
wandeln möchte, kann mir der taktische PKK-Schlingerkurs nicht imponieren.
Das erlebte ich zu oft, und es war stets nur oberflächliches Geflunkere.
Aus meiner heutigen Sicht stört an solcher Oberflächlichkeit nur noch die
Taktiererei, denn auch "tiefere Bekenntnisse" können umso
grundlegender falsch sein.
derik-desperado-47 zitiert: Die Lösung der
kurdischen Frage kann heute nur in einer gemeinsamen antiimperialistischen
Front der Völker der Region gegen die US-Besatzung gefunden werden.
Dass es so ähnlich klingt wie bei Al Kaida, Taliban und Mullahs in Teheran,
sollte genügen, um die Hirnspinstigkeit zu erkennen, dass eine
"gemeinsame antiimperialistische Front der Völker der Region gegen die
US-Besatzung die Lösung der kurdischen Frage finden" könnte.
derik-desperado-47 zitiert: Nur so kann ein
Mittlerer Osten geschaffen werden, in dem die Menschen der Region ohne
Einmischung auswärtiger Großmächte frei über ihre Zukunft entscheiden können,
gleichberechtigten Zugang zu den Ressourcen haben und die Rechte aller
ethnischen und religiösen Gruppierungen gewahrt werden. Dies kann nur in
einer Volksbewegung von unten geschehen, einer Bewegung von Werktätigen und
der Bauernschaft, die sich zugleich gegen die korrupten Marionetten des
Imperialismus wie Barzani und Talabani, die Militärs und ihre zivilen
Helfershelfer in Ankara, das nationalistische Regime in Syrien bzw. das
theokratische Regime im Iran richtet, die nationalen Minderheiten das
Selbstbestimmungsrecht verweigern.
Diese lange Liste von "Feinden" sollte stutzig machen, ob jemand
Frieden bringen kann, wer gegen alles und jedes den Krieg machen möchte.
derik-desperado-47 zitiert: Auch
Deutschland ist heimliche Kriegspartei.
Auch das noch - und die Götter haben sich gegen die PKK verschworen? Wenn
jemand alles und jeden für "Geisterfahrer" hält, dann liegt der
Verdacht nahe, dass er selbst der "Geisterfahrer" ist.
derik-desperado-47 zitiert: Hier leben rund
800.000 kurdischstämmige Migrantinnen und Migranten.
Davon bin ich mit sicherlich fünfzig befreundet. Mit manchen bin ich mir
einig, dass der Kurdenkonflikt primär ein menschenrechtliches Problem ist,
während viele sich einzig von einem souveränen Kurdenstaat die Problemlösung
erhoffen. Darum freuten sie sich über die Autonomieregion, weil sie allen
Kurden weltweit und auch in der Türkei zu mehr Gleichberechtigung verhelfen
konnte. Aber viele Kurden fürchten auch zurecht, dass wenn kurdische
Staatsansprüche zu sehr inflationieren, auch das Erreichte riskiert wird.
derik-desperado-47 zitiert: Ein Großteil
der Panzer, die gegen kurdische Dörfer eingesetzt werden, stammt aus
deutschen Lieferungen.
Stimmt - und sehr umstritten, weil eben die Waffen im Kurdenkonflikt
eingesetzt werden. Auch ich war dagegen, aber Wirtschaftsinteressen und NATO
machen es möglich. Überhaupt bin ich gegen jeden Waffenhandel, aber auch
das unterscheidet mich von der PKK-Propaganda, denn auch die backen sich
ihre Kalaschnikows nicht aus kurdischer Erde. Und auch da wäre ich gegen,
weil ich jede militärische Selbstjustiz ablehne, wenn durch Verzicht auf
feindselige Lügerei der demokratische Weg zu bauen wäre, der zwar nur
selten eine Autobahn ist, aber besser für die Menschen als in Schützengräben
zu hausen.
derik-desperado-47 zitiert: Die PKK und
Dutzende kurdische Vereine sind verboten, ...
Weil die PKK ihren Krieg nicht exportieren soll. Und wenn
Ersatzorganisationen als solche erkennbar sind.
derik-desperado-47 zitiert: kurdische
Politiker werden zu Haftstrafen verurteilt ...
Sehr selten, zu selten - und wenn sie gegen Organisationsverbote verstoßen.
derik-desperado-47 zitiert: und türkische
kommunistische Organisationen mit den Terrorismusparagraphen §129 a und b
gejagt. Ihnen droht auch die Auslieferung an den Folterstaat Türkei.
Auslieferung an einen Folterstaat ist immer falsch, und oft fehlt es am
Willen, die politische Mitverantwortung für die Folterei anzuerkennen, aber
wahr ist auch, dass seit Jahrzehnten auch PKK-Mitglieder in Deutschland Asyl
bekamen, allerdings kann das Asylrecht mit Auflagen verbunden werden, sich
politischer Betätigungen zu enthalten, ansonsten würde das Asylrecht
ausgehöhlt und lediglicher Rückraum für fortgesetztes Kriegsführen. Das
Asylrecht ist eine schwierigsten Materien, der niemand gerecht werden kann,
der es einerseits in Anspruch nehmen will und andererseits zur Fortsetzung
seines Krieges missbrauchen möchte.
Schließlich heißt es noch in der ungekürzten PKK-Version: "Der
Kampf um Befreiung ist nicht kriminell oder terroristisch"
Falsch, denn es kommt darauf an, mit welchen Mitteln solch Kampf geführt
wird, denn Ziele heiligen die Mittel nicht.
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