Afghanistan      07.08.2003  Presseerklärung von  www.Reporter-ohne-Grenzen.de 
Journalisten wegen Gotteslästerung zum Tode verurteilt. 

Oberstes Gericht bestätigt Todesstrafe

Reporter ohne Grenzen kritisiert aufs Schärfste die Verurteilung der beiden Journalisten Sayeed Mahdawi und Ali Reza Payam von der Wochenzeitschrift Aftab und fordert die Aufhebung der Urteile. Die beiden Journalisten hatten kritische Artikel zur reaktionären Ausrichtung des Islam und zur politischen Funktionalisierung von Religion durch konservative Führer veröffentlicht. Der Präsident des Obersten Gerichts, Maulavi Fazl-e Hadi Shinwari, folgte der Entscheidung der islamischen Gelehrten des Landes und bestätigte die Todesstrafe wegen Gotteslästerung. Sayeed Mahdawi und Ali Reza Payam halten sich versteckt.

In einem Brief an Präsident Hamid Karzai bedauert die internationale Organisation zur Verteidigung der Pressefreiheit den Einfluss der Konservativen auf das juristische System. Sie setzten ihre Macht ein, um das Recht auf freie Meinungsäußerung einzuschränken. Reporter ohne Grenzen fordert den Präsidenten auf, die Sicherheit der Journalisten zu garantieren und das Oberste Gericht zu reformieren. Es müsse als unabhängige Instanz gelten und grundlegende Rechte und Freiheiten der afghanischen Bevölkerung verteidigen.

Die Todesstrafen gegen Sayeed Mahdawi und Ali Reza Payam waren vor einigen Tagen vom "Rat der Ulamas", der sich aus 13 islamischen Gelehrten zusammensetzt, gefällt worden. Die zehnseitige Urteilsbegründung trägt die Unterschrift des Präsidenten des Obersten Gerichts, Maulavi Fazl-e Hadi Shinwari. Bei dem Verfahren wurde der vorgeschriebene Rechtsweg nicht eingehalten. Zunächst hätte eine niedrigere Instanz, die mit dem Fall bereits beschäftigt war, ein Urteil fällen müssen.

Hintergrund der Anklagen ist ein am 11. Juni in der Wochenzeitschrift Aftab veröffentlichter Artikel mit dem Titel "Heiliger Faschismus". Die beiden Journalisten fragten "Wenn der Islam die einzige und vollendetste Offenbarungsreligion der Welt ist, warum liegen die muslimischen Länder dann hinter der modernen Welt zurück?". Aftab wurde nach der Veröffentlichung geschlossen.

Die beiden Journalisten waren bereits über ein Woche in Haft als sie, auf Präsident Karzais Intervention hin, wieder auf freien Fuß gesetzt wurden. Sie sollten sich vor einem Gericht wegen des Artikels verantworten. Als jedoch Islamisten wegen ihrer Freilassung demonstrierten, fürchteten sie Repressalien und tauchten unter. Afghanische Zeitungen hatten Fatwas mit Todesdrohungen veröffentlicht.

Reporter ohne Grenzen hat sich ebenfalls an den UN-Sonderbeauftragten in Afghanistan, Lakhdar Brahimi, gewandt und ruft die internationale Gemeinschaft auf, ihr politisches Gewicht für das Recht auf freie Meinungsäußerung in Afghanistan einzusetzen.

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