Dialog mit Bin Laden
dokumentiert aus unserem leider gehackten
Forum
Soll man mit Leuten wie Bin Laden verhandeln? | |||||||||||||||||||||
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Stimmen insgesamt : 6 |
Verfasst am: 15.04.2004 14:33
Wer sagt: "Man
kann mit Terroristen nicht reden",
der sagt: "Man kann mit Menschen nicht
reden." ... Dialogmaxime
Donnerstag 15. April 2004
Berlin weist Bin Ladens
"Waffenstillstandsangebot" zurück
Die Bundesregierung erklärte zu dem im Namen von El-Kaida-Chef Osama bin Laden
ausgesprochenen "Waffenstillstandsangebot": "Mit Terroristen und
Schwerverbrechern wie Osama bin Laden kann es keine Verhandlungen geben."
Die internationale Staatengemeinschaft müsse den Kampf gegen den Terrorismus
fortsetzen. Deutschland werde weiterhin seinen Beitrag dazu leisten. Dies gelte
unabhängig von der Authentizität der Nachricht, sagte der Sprecher weiter.
Diese werde im Bundesinnenministerium geprüft. - Paris erklärte dazu, dass es
nichts zu erklären gebe.
Kommentar
von Sven
Ich halte die Reaktionen aus Paris und Berlin für
ungenügend.
Wenn die Bundesregierung der erklärten Auffassung ist, dass gegenüber Bin
Laden sogar der "NATO-Verteidigungsfall" gegeben war, dann wären
Verhandlungen mindestens so wichtig wie die militärischen Abenteuer.
"Mit Verbrechern verhandeln wir nicht."
ist die typische Unsinnsreaktion traditioneller Politik
und stimmt obendrein nicht, denn mit Entführern würde auch verhandelt und
entweder ist die Terrorgefahr real oder sie wird immer dann erst ernstgenommen,
wenn es Tote gab.
Eine bessere Reaktion wäre gewesen, hier
allerdings nur augenzwinkernd entwickelt, denn für vernünftige Texte bezahle
ich an Leute wie Joschka Fischer genügend Steuern:
Zitat: |
Hallo Bin, die europäische Militärpräsenz in anderen Staaten beruht auf entsprechenden Abkommen zwischen legitimierten Regierungen, wozu unter anderem auch die terroristischen Aktivitäten Veranlassung geben. Um mit Dir und anderen Terroristen überhaupt verhandeln zu können, müsstet Ihr hinreichende Gewähr dafür bieten, dass Verhandlungsergebnisse für die Praxis Relevanz haben. Daran bestehen jedoch Zweifel, da nicht anzunehmen ist, dass die Terrorgefahren nur von einzelnen Personen oder einzelnen Organisationen ausgehen. Wenn beispielsweise die Al Kaida terroristisch nicht mehr aktiv wäre, sich dann aber nicht mit aller Konsequenz zu einer zivilen Mitbewerberin in demokratischen Prozessen umwandeln würde, so würden ihre Anhänger und Aktivitäten nur den organisatorischen Rahmen wechseln und die zivile Öffentlichkeit wäre weiterhin dem Terrorismus ausgesetzt. Wenn also überhaupt Verhandlungen sinnvoll sind, dann nur zu einzelnen Fragen, einzelnen Aktivitäten und Personen. Ich war zwar nie so schlimm wie Du, aber für bundesdeutsche Verhältnisse trotzdem nicht immer so, wie sich das meine Eltern von mir gewünscht hätten, obwohl ich ein Wunschkind war - hoffe ich. Ist mir aber mittlerweile egal. Du kannst an mir sehen, wie man sich zum Besseren ändern kann. Mach Du das auch. Every day is a new chance. Auch für Dich. Ehemals revolutionäre Grüße von Joschka dem I. |
Alle bekennen sich zum "Dialog", aber
ausgerechnet wenn es auf den Dialog ankommt, dann fällt vielen nichts dazu ein.
Zudem kann sich nur im dialogischen Prozess der Terrorismus als politikunfähiges
Konzept erweisen. Der Eintritt in den Dialogprozess selbst wäre schon ein
Schritt zur Zivilität. Politiker, die das nicht erkennen und nicht zu nutzen
verstehen, gehören abgewählt.
Grüße von Sven
Martin Verfasst am: 16.04.2004 10:56
Hallo Sven,
Verhandlungen mit Entführern sind allemal besser als der 'finale
Rettungsschuss', sprich die staatlich sanktionierte gezielte Tötung.
Pragmatismus hat Vorrang vor den Demonstrationen der Härte. Nur darf man
taktische psychologische Maßnahmen (wie die denkbaren, aber tatsächlich ja
seltenen Verhandlungen mit Entführern) nicht mit Formen des Dialogs
verwechseln.
Entführer haben im Allgemeinen nachvollziehbare Ziele, die mögliche
Verhandlungsmasse ist greifbar. Das gilt auch noch für den Terror der RAF, bei
dem viele bereit und geneigt waren, zwischen den Zielen und den Methoden zu
unterscheiden. Der sozialrevolutionäre Horizont der RAF war erklärbar und
verstehbar vor dem Hintergrund der gesellschaftspolitischen Diskurse der 60er
Jahre - und noch das verbal verkorksteste RAF-Dossier dürfte für den letzten
CDU-Hardliner in seinen Zielsetzung verständlicher gewesen sein als es der
Islamistenterror für die westliche Welt heute ist.
Denn die einzige Handschrift, die hier erkennbar ist, ist fanatischer
Vernichtungswille, das Erreichen grösstmöglicher Opferzahlen und ein Höchstmass
der Eskalation von Gewalt. Islamisten wollen keine Ziele im Diesseits erreichen
(daher gibt es auch keine Verhandlungsmasse), sie wollen sich durch die Körper
ihrer Feinde ins Paradies hineinmorden - und darin gleichen sie den
fanatischsten ideologischen Vordenkern des NS. "Ihr liebt das Leben, wir
lieben den Tod" - präziser kann man nicht auf den Punkt bringen, worum es
hier geht: Um ein Projekt mit irrational-religiösem Fluchtpunkt, wie es
radikaler und monströser nicht gedacht werden kann.
Es mag sein, dass Osama bin Laden längst zum Mythos geworden ist, zum
Projektionspunkt aller Ängste des Westens, zum Symbol des Einbruchs
arachaischer Gewalt in die Zivilisation. Eine Tonbandstimme aus dem Off, die
sich regelmäßig ins öffentliche Bewusstsein des Westens einschaltet als
Stimme des schon fast entrückten terroristischen Übervaters, als allmächtige
rächende Strafgewalt. Was sollte hier Gegenstand eines Dialogs sein? Worüber
sollte man mit diesem verkehrten Jesus verhandeln? Die Reaktion auf das
"Gesprächsangebot" von Al-Kaida ist keine verfehlte Politik und schon
gar nicht der Verzicht auf Dialog-Offerten. Ohne rationale Mindestgrundlagen
kein Dialog.
Und nicht jeder Mord ist schon ein Angebot zum Dialog - soweit kann man das
Wohlwollen nicht treiben, ohne dass es obszön wird.
grüße
martin
Hallo Martin,
die Eingrenzung des Dialogs (hier i.S.v. Verhandlungsgegenstand) meine ich im
Brief an Bin Laden schon deutlich gemacht zu haben, obwohl genau auch das auf
den Prüfstand sollte.
Die Frage zwischen uns beiden lautet vorerst, ob es überhaupt noch
"Dialog" sei, als den Du dreierlei Arten von Verhandlungen nicht
ansiehst:
1. Die taktischen Gespräche mit Erpressern
seien ihrem Wesen nach kein Dialog, allenfalls formal dem Dialog ähnlich
ausschauend.
Das ist nicht richtig, denn bei allem Taktieren und Täuschen handelt es sich um
konkrete Erkundung von Möglichkeiten, gegenseitigen Forderungen usw.
Zitat: |
... nicht jeder Mord ist schon ein Angebot zum Dialog - soweit kann man das Wohlwollen nicht treiben, ohne dass es obszön wird. |
Brief-Variante,
wie ihn Joschka tatsächlich schreiben würde
Allerdings würde er nie so tief aus der Seele plaudern
und es wäre auch überhaupt nicht das, was ich von einem Dialog erwarte. Grüße
von Sven
Zitat: |
Hallo Osama, Du hast gar nicht auf mein letztes Posting geantwortet. Dabei ist das hier ganz ungefährlich, weil es kaum jemand mitbekommt. Es überraschte Dich doch hoffentlich nicht, dass wir Dein Verhandlungsangebot ablehnten? Wenn Du zum Beispiel Touristen entführen würdest und bei uns die Leute sauer würden, wenn wir uns nicht drum kümmern, dann wäre es etwas vollkommen anderes gewesen. Natürlich würden wir mit Dir auch verhandeln, wenn es um unsere eigene Haut ginge, aber wir Regierenden haben so viele Sicherheitsvorkehrungen für uns geschaffen, dass wir uns wie im Führerbunker fühlen. Du kannst also nur die normalen Leute töten. Um einen von uns zu erwischen, müsstest Du schon mächtig Glück haben. Eigentlich hätte ich sogar ganz doll Lust mit Dir zu reden, ob Du auch eine Freundin hast oder vielleicht sogar einen Harem. Ich mache das übrigens hintereinander weg. Und warst Du das mit dem World Trade Center wirklich? Was dachtest Du Dir dabei? So ganz klug war es ja wohl nicht, denn Du gabst Bush und Rumsfeld den Vorwand, Afghanistan platt zu machen. Wie lebst Du jetzt überhaupt? Tun Dir Deine eigenen Leute nicht leid? Da sind doch eine Menge von gestorben, die so ganz fest an Dich glaubten. Aber wahrscheinlich bist Du ganz ähnlich wie Bush und sagst Dir: "Das muss eben sein!" Mit Dir zu sprechen ist bestimmt interessanter als mit Angela Merkel. Kennst Du sie? Wenn jetzt Wahlen wären, dann würden sie regieren und nicht Gerhard und ich, obwohl kaum jemand die beiden mag. Ich bin viel beliebter als alle hier. Die Angela war sogar für den Irak-Krieg, aber die Deutschen hatten keinen Bock drauf und deshalb haben Gerhard und ich dieses Mal nicht mitgemacht. Ich bin nämlich ganz gern Demokrat. Das geht zwar nicht immer, aber irgendwie wurstele ich mich da schon durch. Und Du hilfst mir dabei, denn würde es in der Welt nicht so viel Krieg und Terror geben, dann wäre ich längst abgewählt, weil uns innenpolitisch nichts einfällt, wie wir die Wirtschaft in Schwung bringen. Du wirst vielleicht denken: "Wenn der Joschka doch sowieso bald abgewählt ist, dann könnte er doch jetzt mit richtiger Politik anfangen und tun, was er andauernd zu den Israelis sagt." Mensch Osama, auf den ersten Blick hättest Du damit recht, denn tatsächlich fordere ich, dass die Israelis an den Verhandlungstisch zurückkehren. Das wäre ja im Prinzip auch richtig, aber wenn ich das mit Dir machen würde, dann würden die Leute sagen: "Guck, der redet mit Terroristen! Der unterstützt die!" Ich würde sofort abgesägt. Ich bin doch Minister und das ist ein richtig klasse Job. Ich muss zwar immer so tun, als wenn ich mir Sorgen um das Wohl der Leute da draußen mache, aber das schaffe ich locker mit meiner Mimik und mit Sprüchen wie: "Die Terroristen sollen endlich mit dem Terror aufhören und die Israelis sollen mit ihnen reden." Aber ich selbst mag mir damit nicht das Hemd schmutzig machen, sondern muss mit Bush zusammenhalten, weil er viel wichtiger als Du für mich ist. Und wenn ich die außenpolitischen Sachen sauber über die Bühne bringe, dann geht es hinterher entweder bei der EU weiter oder ich mache eine Koalition mit der CDU. Das ist schon in ganz vielen Städten so und niemand hätte das früher von uns oder CDU gedacht, aber wir sind eben alle flexibel. Ich bin Promi mit Rotem Teppich? Ich frag mich, wie Du das ohne aushältst. Osama, ich mache Dir einen Vorschlag: Du beweist uns, dass Du mit den Videos und Tonbandaufnahmen eigentlich alles ganz anders meintest. Du hättest es mit RTL machen sollen und wolltest immer nur den wirklich islamischen Djihad, der reine Selbstverteidigung ist und der die Zivilisten verschont und die westlichen Werte und Politiker sowieso, aber Du konntest Dich damit gegen die Hardliner intern nicht durchsetzen. Geht mir ja oft ähnlich, bloß andersherum. Viele Leute in Deutschland sind der Ansicht, dass Du ganz passabel und friedlich aussiehst. So ähnlich wie Jesus kommst Du jedenfalls bei einigen Frauen rüber. Warum nutzt Du das nicht? Die Bösen können doch längst schon tot sein. Also bedankst Du Dich bei Bush noch rechtzeitig vor den Wahlen, dass er so aufgeräumt hat und bei Scharping, Struck und mir, dass wir Bush und Dir dabei halfen. Nenne bitte wenigstens einmal meinen Namen! Scharping und Struck kannst Du ja dafür weglassen. Osama, wusstest Du, dass Grün ist auch unsere Farbe ist wie bei den Moslems? Aber Du könntest auch mal etwas gegen die Mullahs in Teheran sagen und dass das Öl vom Golf eigentlich der ganzen Menschheit gehört und 25 Prozent davon den Amerikanern zu günstigen Preisen. Du musst sagen, dass das Hauptproblem im Nahen Osten die fehlende Demokratie der Araber ist, aber dass man die Region sowieso bald vergessen kann, wenn nun das Öl auch in China gebraucht wird und bald keins mehr da ist. Du musst uns einfach Hoffnung machen! Dann vergeben wir Dir Deine Schuld, wie Gott unsere Schuld vergeben wird. Aber das bleibt eben abzuwarten und Du musst einfach mal drauf vertrauen. Mit GRÜNEN Grüßen, unser Joschka! |
Martin schreibt:
Hallo Sven,
um die taktischen Gespräche mit Erpressern als Dialog auffassen zu können, müsste
man dessen Definition beinahe auf alle Formen verbaler Interaktion ausweiten. Es
kann sein, dass die Philosophie im Motorraum der Inidia schon so weit
fortgeschritten ist, ich hätte jedenfalls Vorbehalte, in eine solche
Begriffsaufweichung zu folgen.
Vielleicht bin ich zuviel von Habermasschem Denken beeinflusst, aber ich würde
schon so etwas wie Freiwilligkeit, Entscheidungsfreiheit, Zeit und das
Vorhandensein eines Raumes, der frei von unmittelbaren Repressionen ist, als
Voraussetzung von 'Dialog' ansetzen wollen. Sinn macht es nur, wenn Menschen
durch Argumente überzeugt werden können und nicht, wenn ein Ablauf
programmierter und psychologisch genau kalkulierter Gesprächsführungstaktik
durch den Kopfschuss beendet zu werden droht (wie es bei Entführungs-Verhandlungen
nun einmal der Fall ist).
Hinzu käme für mich eine gewisse Fallhöhe der Thematik. Wenn ich mich mit
meiner Freundin streite, wer den Abwasch macht, dann ist noch kein Dialog,
ebensowenig, wenn ich mit dem Flohmarkthändler feilsche, auch wenn dabei
"konkrete Erkundung von Möglichkeiten, gegenseitigen Forderungen
usw." verhandelt werden.
Ich weiss, dass 'Dialog' für dich so etwas zu sein hat wie universales
Krisenmanagement durch sprachliche Verständigungsversuche - aber die
weltanschaulich-politische Diskussion in Internetforen und sprachbasierte
Verhandlungen in konkreten Zwangssituationen können für meine Begriffe unmöglich
durch ein und dasselbe Prinzip abgedeckt werden; diese beiden Pole kann man
nicht zusammenbiegen, ohne auf jede Präzisierung oder inhaltliche Füllung
weitestgehend zu verzichten und das eigene Prinzip einzuebnen.
Wenn das Dialogprinzip irgendwo krankt, dann m.E. am Verzicht auf die Reflexion
darüber, wer hier von wo aus wen beobachtet. Die "Suche nach verbindender
und damit höherer Gemeinsamkeit" ist sicherlich ein erstrebenswertes Ziel
- aber die Perspektive simuliert eine objektive Sicht der Dinge, die letztlich
doch wieder im Subjektiven wurzelt. Die Dialogie vergisst ihre Gegner -
diejenigen, die ihre human-aufgeklärten Voraussetzungen nicht nur nicht teilen,
sondern offensiv ablehnen, stehen im blinden Fleck. Wer sich hier zu Wort
meldet, der hat bereits einen Millimeter Dialogie akzeptiert - das sollte aber
nicht darüber hinwegtäuschen, dass es andere gibt, die nie eine Silbe darüber
verlieren, bis sie auf einmal mit Flugzeugen in Hochhäuser fliegen.
Versteh mich nicht falsch - ich schätze den Ansatz ungemein, sonst würde ich
meine Zeit nicht für Rechtsextremisten aufwenden. Aber ich handle hier aus
einer 'es gibt nichts Gutes ausser man tut es-Maxime' heraus, und nicht weil ich
überzeugt bin, im Dienste einer theoretisch irgendwie begründbaren
"Methode" mit universaler Gültigkeit zu handeln.
---
Über Ursachen des Terrorismus zu verhandeln wäre ein eigenes und schwieriges
Thema für sich. Und ich würde vermuten, dass sich die Zusammenhänge nicht so
leicht kausalisieren lassen, wie es auf den ersten Blick aussieht.
Ich nehme zur Kenntnis, dass ich Zusammenhänge verkürzt habe und im
Vernichtungswillen lediglich eine Speerspitze beschrieben habe. Natürlich gibt
es im Vorfeld Strukturen und Motivlagen, die aber eine genauso krude Mischung
aus Realität und Wahn bilden, wie bei allen anderen Fanatikern auf der Erdkugel
auch. Bodenbereitung ist nicht Rechtfertigung, da hast du wohl Recht, aber
Rationalisierung ist schon fast Rechtfertigung. Und den Vorwurf, hinsichtlich
der Rechtfertigungsstrategien verschiedener Extremistengruppen mit sehr
verschiedenem Mass zu messen, musst du dir nach diesem Posting gefallen lassen.
Oder sollen wir in Zukunft auch mal ein bisschen genauer hinhören, was die
Antisemiten so zu sagen haben, um nicht vorschnell zu verkürzen?
---
Trotz aller Kontroversen freue ich mich immer wieder, hier den Dialog mit dir führen
zu können - wenn dir mein Ton bisweilen zu scharf ist, dann lass es mich bitte
wissen (aber ich glaube, du kannst das vertragen).
gruß
martin
Hallo Martin,
Du vermutest richtig, dass ich im Gegenteil sogar interessiert bin an genau
solchen Infragestellungen meiner theoretischen Wunschdenkerei, denn nur so kann
ich erkennen, wie weit Dialog trägt.
Ob die Dialogie zum "universellen Prinzip" taugt, steht zunächst mal
dahin und könnte sie eher verdächtig machen, zumal die Behauptung universeller
Prinzipien schon eine Menge Horror über die Menschheit brachte.
Andererseits lasse ich mir dadurch nicht die Suche danach verleiden, weil wir
mit einer Reihe universeller Prinzipien auch gute Erfahrungen machten, wie es
beispielsweise für die Rechtmäßigkeit staatlichen Handelns angenommen werden
darf, ebenso für das rechtliche Gehör im Prozess und für viele
Menschenrechte, ohne dass deren Katalog schon vollständig wäre.
All diesen Vergleichen des Dialogs mit Idealen scheint gemeinsam, dass die
Prinzipien ohne Wert sind, wenn sie nicht zugleich die Methoden prägen.
So gehen in uns Prinzipien und Methoden durcheinander, was uns in geübteren
Grundrechtsdiskussionen kaum stört, weil es in der Natur der Sache liegt, aber
für weniger Überlegtes steht das Durcheinander im Vordergrund und verdeckt oft
sehr den Zusammenhang.
Wenn also das ganzheitliche Denken zu große Mühe macht, dann bleibt kaum
anderes als schrittweise Kasuistik. - Und da kommen mir Gelegenheiten wie Bin
Ladens "Versöhnungsangebot" gerade recht.
Deine Beispiele bringen Unterscheidbarkeiten, die bislang nicht gefasst waren.
Mit bloßer Gegenprobe lässt sich mitunter feststellen, dass der Dialogbegriff
nicht so eng ist, wie er Dir scheint.
Die Banalität des Fallbeispiels (z.B. Beziehungskonflikt um den Abwasch) sollte
nicht in Irre führen, dass die Frage banal sei, ober solch Konflikt in
Dialogqualität ausgetragen wird oder durch Befehl und/oder Rauferei.
Also das Wort allein macht noch keinen Dialog. Da werde ich Dir Habermassches
Denken nicht ausreden wollen.
Grüße von Sven
ps: die anderen Fälle später
LeClerk Verfasst am: 07.05.2004 23:57 Titel: Die Korinther
Sven, Du redest in anderen Beiträgen so oft von
Pragmatismus. Genau den vermisse ich in Deinem Denken.
Dieser gesamte Thread ist politologische und ideologische Phrasendrescherei, die
schon in ihrem Ansatz das nachweislich nicht funktionierende System pädagogischer
Ergründungseifrigkeit nicht nachvollziehbarer Denkprozesse wiederspiegelt.
Mit Terroristen _wird_ nicht verhandelt. Punkt.
Stell Dir vor, Du hast zwei Kinder. Beide werden bei Terroranschlägen getötet.
Steht Dir nun der Sinn nach dem alten, oder dem neuen Testament (Auge um Auge /
Zahn um Zahn, oder "ich halte auch noch die andere Backe hin")
Sei pragmatisch, und vor allem ehrlich zu Dir selbst bei der Beantwortung der
Frage.
Sven an LeClerk:
LeClerk hat folgendes geschrieben: |
... Mit Terroristen _wird_ nicht verhandelt. Punkt. |
Das ist Wunschdenken. Aber realitätsfern. Und es
scheint Dir nur so, weil es so oft gepredigt wird und weil man den Eindruck
vermeiden möchte, als könne durch Terrorismus Einfluss auf die Politik
genommen werden.
LeClerk hat folgendes geschrieben: |
... Stell Dir vor, Du hast zwei Kinder. Beide werden bei Terroranschlägen getötet. Steht Dir nun der Sinn nach dem alten, oder dem neuen Testament (Auge um Auge / Zahn um Zahn, oder "ich halte auch noch die andere Backe hin") |
LeClerk hat folgendes geschrieben: |
Sei pragmatisch, und vor allem ehrlich zu Dir selbst bei der Beantwortung der Frage. |
LeClerk schreibt:
Es geht eigentlich nicht um die Definition von Recht
und Unrecht bei der Bekämpfung von Terrorismus. Du vergißt, dass Terrorismus
selbst äußerst pragmatisch ist.
Es fällt schwer nachzuvollziehen mit Personen den Dialog suchen zu wollen, die
nach allem uns bekannten Recht genau dieses mit Füßen treten und ihrerseits
den Dialog keinesfalls wünschen. (Ausgenommen das Israel / Palästina-Problem,
ETA oder IRA)
Osama bin Laden und seine Organisation z.B. hat niemals (nicht-zynische)
Forderungen gestellt. Noch dazu ist gerade deren Ziel ein sehr suspektes: Ganz
offen heißt es von dort, dass man sich gegen die Ausbeutung der arabischen Welt
durch die westliche (vorwiegend Amerika) wehrt. Seltsamerweise wird zum Zwecke
der Vergeltung dann aber ein religiöser Grund (die Tötung Ungäubiger)
herangezogen.
Die Schizophrenie in dieser Vorgehensweise belegt, wie wenig sinnvoll /
wirkungsvoll ein Dialog mit diesen von Willkür und Wut gesteuerten Subjekten
sein kann.
Man verfällt sehr schnell in (unpragmatische) Rechtsphilosophie, wenn man darüber
nachdenkt, wo Recht im Kampf gegen Terrorismus beginnt, und wo es aufhört.
Es liegt am Selbsterhaltungstrieb der Menschen, dass sie in Gefahrensituationen
zur altbewährten Maßnahme des Angriffs als beste Verteidigung greifen. Von
daher empfinde ich den Vergleich mit dem entführten, statt getöteten Kind auch
als völlig falsch, denn Terroristen _entführen nicht. Sie töten.
Martin schreibt:
Hallo LeClerk,
was gilt denn nun: ist der Terrorismus pragmatisch oder schizophren, oder ist
beides für dich kein Widerspruch?
Und wie stellst du dir eine Form der 'Bekämpfung des Terrorismus' vor, der sich
nicht Rechenschaft über Recht und Unrecht ablegt und über Verhältnismäßigkeit
und Grenzen des Rechts nachdenkt? Sollen keine Gefangenen mehr gemacht werden?
Sollen Terroristen mit ihren eigenen Mitteln bekämpft werden? Wäre das eine
Form des Pragmatismus?
Pragmatismus bedeutet Zweckmäßigkeit der Mittel im Hinblick auf gegebene Ziele
und nicht ein freies Auslassen von Vergeltungswillen. Ist die Situation im Irak
das Ergebnis einer pragmatischen Politik, die dem Terrorismus das Wasser
abgraben will? Wird man wohl kaum behaupten können. Die USA haben vielmehr
einen neuen Durchlauferhitzer für den Islamismus geschaffen.
Ich hab oben einiges zum Charakter dieser Ideologie geschrieben, wie sie sich
aus meiner Sicht darstellt. Und ich bin nach wie vor der Meinung, dass man sich
über diesen Charakter (anders als mancher) keinen Illusionen hingeben kann. Die
Avantgarde dieser Bewegung träumt auch weiterhin vom Töten und von neuen
Kollossalverbrechen. Es wäre aber natürlich fatal, daraus Rückschlüsse auf
die Grundlinien einer 'Antiterrorpolitik' zu ziehen, die dann Gleiches mit
Gleichem vergelten will. Das wäre nicht nur juristisch und moralisch
inakzeptabel, sondern geradezu anti-pragmatisch.
Der Islamismus hat viel mehr mit der westlichen Gesellschaft der Moderne zu tun,
als viele wahrhaben wollen. Es wäre vielleicht tatsächlich an der Zeit, mehr
über die Ursachen des Terrorismus zu sprechen, darüber, was er 'eigentlich'
ist, als was man ihn zu verstehen hat. Daran mangelt es überall, daher auch die
Hysterie und Ineffektivität der 'Antiterrorpolitik'.
Der Islamismus ist nicht Das Andere des Westens und kein Einfall vom Fernen
Hindukusch. Er ist nicht zu verstehen, wenn man die Entwicklungslogik der abendländischen
Welt und die Ausstrahlungskraft ihrer ökonomischen und gesellschaftlichen
Moderne und die Verwerfungen, die daraus resultieren, nicht mitreflektiert. Der
Terrorismus gedeiht mitten in Hamburg Harburg, es wird schwierig werden, ihn zu
verbieten, repressiv zu verfolgen, ihn abzuschieben oder sonstwie aus (unserer)
Welt zu schaffen. Intelligente Gegenstrategien, die über polizeilichen
Verfolgungsdruck hinausgehen, sind kaum erkannbar. Was aber wiederum wenig
verwundert, wenn auch im Jahr 3 nach 9.11. Erklärungsversuch mit weiter
Bogenspannung erst im Entstehen begriffen sind.
Grüße
martin
LeClerk schreibt:
Hallo Martin,
ich gebe Dir in einigen Punkten unzweifelhaft Recht, z.B. "Es wäre
vielleicht tatsächlich an der Zeit, mehr über die Ursachen des Terrorismus zu
sprechen, darüber, was er 'eigentlich' ist, als was man ihn zu verstehen
hat."
Dieser Ansatz fehlt tatsächlich sehr großflächig. Kurzentschiedenes Handeln
bewirkt leider sehr wenig.
Meine Aussage das Terrorismus (wohlgemerkt nur in der Form wie ihn z.B. Al
Quaida betreibt) tatsächlich pragmatisch und schizophren gleichzeitig ist,
stellt dabei keinen Widerspruch dar. Was in diesen Kreisen geschieht ist
Religion und Machtbestreben zu vermischen, und zwar in einer äußerst
pragmatischen Art und Weise. (Mit wenigen Worten einen Menschen zum
Selbstmordattentäter zu machen halte ich für mehr als nur pragmatisch)
Dem Dialog mit Terroristen verweigere ich mich dennoch. Vielmehr halte ich es für
sinnvoll Aufklärung bei potentiell Gefährdeten zu betreiben. Dies geschieht
leider nirgends. Es ist ähnlich dem Rechtsradikalismus: Mit den "Führern"
solcher Gruppierungen braucht man nicht zu reden, aber die Aufklärung bei deren
Anhängern zeigt Wirkung.
Mr.Wizzard schreibt:
Dialog mit Bin Laden
....boah... wenn
ich soetwas schon lese:
Den einzigsten Dialog, den dieser Verbrecher versteht, ist der Dialog der und
mit den Waffen!
Hier müssen die Waffen sprechen, um diesen Verbrecher und seine
Verbrecherorganisation vernichtend zu schlagen!
Bin Ladens Regime des Terrors muss im Feuer der americanischen Waffen
zusammenbrechen, damit die Welt entgültig von solchen Parasiten und Verbrechern
befreit wird.
Sinn und Ziel von bin Laden und seiner Verbrecherorganisation ist die
Vernichtung der westlichen Kultur: ....wie er es ja schon verlautet hatte
lassen: ...Für islamische Terroristen gibt es nur Gläubige und Ungläubige,
und wir in der westlichen Welt sind die "Ungläubigen", und für die
Islam-Terroristen ist dieses ein "Glaubenskrieg", wo es darum geht,
die Ungläubigen (wir Alle also) entweder zu "bekehren" (zum Islam
also), oder aber, falls das nicht gelingt... dann zu vernichten!
Die schrecklichen Ereignisse des 11.September 2001 waren dafür ein mehr als
LEIDER eindrucksvoller beweis des menschenverachtenden und terroristischen
Islam.
...Aber, das ist wahrscheinlich nur der anfang, schlimmeres kann noch folgen,
wenn wir alle das Krebsgeschwür des Islamischen Terrorismus nicht JETZT bekämpfen,
bevor wir alle vernichtet werden.
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@ LeClerk: ich stimme mit Deiner Meinung überein!
Martin schreibt:
Hallo Mr. Wizzard,
das sind kranke Gewaltphantasien, die du da hast. Mit solch hohlem Verbalradau
begibt man sich auf die Stufe der Täter.
Wenn es wenigstens eine Chance auf Erfolg für deine Strategie gäbe. Aber was
man vernichten will, muss man erst mal finden, und das scheint ja schwieriger zu
sein, als gedacht.
Hast du noch nicht begriffen, welcher Abgrund zwischen einem Netzwerkterrorismus
liegt, der mit Teppichmessern Hochhäuser zum einstürzen bringt und einem Militär,
das auf technologisches High tech setzt? Fast könnte man angesichts des Iraks
meinen, die USA hätten noch schnell einen herkömmlichen territorialen Krieg führen
müssen, um sich selbst nochmal ihrer military power zu versichern, bevor endgültig
ein Zeitalter anbricht, in dem diese Option des Handelns in der Ineffektivität
versandet.
mfg
martin
Vladimir Gajšek schreibt 10.05.2004 11:07
Kein Dialog der Freiheit mit Terroristen!
Wer sagt: "Man kann mit Terroristen nicht reden", denkt unlogisch,
soauch unmensclich, wenn er behauptet: "Man kann mit Menschen nicht
reden." Nämlich das ist keine Dialogmaxime. Im Dialog sind nur die
Personen, di reif und menschlich genug sind, um die Liebe des Mitmenschen zu
realisieren!
Es ist auch nicht christlich, wenn man behauptet, daß man alle Schwere des
Terrors an sich nehmen muss und wenn man mit den Gefühlen der Sorge belastet
ist.
Vladimir Gajšek, INTELY WAY
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