Doppelzüngigkeit

Vermutlich Langweiliges für viele, aber da ich mich für die Dialogie interessiere, ist mir der Begriff "Doppelzüngigkeit" Anlass zur Ordnung von "Selbstverständlichkeiten":

Ich halte die Doppelzüngigkeit für kein Problem, das einer Kultur speziell wäre, denn ich treffe die Doppelzüngigkeit allerorten.

Meist kommt sie mit den Worten: "Unter uns gesagt, ..."

Oder mit dem Versprechen: "Wenn ich ehrlich bin, ..."

Und sie verstehen einander, wenn ihnen Kartell und Kumpanei zulasten desjenigen, den sie hintergehen, genug Vorteil bringt, wobei zum Vorteil genügen kann, dass ein befürchteter Nachteil vermieden wird, den es immerhin geben kann, denn Offenheit wird nicht immer gelohnt, sondern häufig genug ausgenutzt.

Aus den negativen Erfahrungen und Erwartungen mit der Offenheit entstanden in wahrscheinlich allen Religionen und Ideologien neben aller Verpflichtung zur Aufrichtigkeit die Heuchelei und die Täuschung des Feindes als Geschicklichkeitsübung und Weisheit beschönigt, als Tugend gefeiert.

Die "vertrauliche Rede" soll und kann Interessen wahren. Ob diese Interessen legitim sind, steht auf anderem Blatt, lässt sich verallgemeinert erörtern und gesetzlich regeln, so dass es Offenbarungspflichten gibt und Betrugsparagraphen, geschützte Geheimhaltungsbereiche, Regeln, damit es im Streitfall juristisch entscheidbar wird.

Die Doppelzüngigkeit kann Notwendigkeit sein, Ausdruck von Höflichkeit und des Bemühens um Zivilität und Kompromiss. Nicht jedes "Hochachtungsvoll" kommt von Herzen, nicht jedes Erstgebot ist das letzte Gebot.

Die Doppelzüngigkeit vor gegeneinander wirkenden Zielgruppen kann Opportunismus sein, um über die Spaltung zu herrschen oder noch tiefer zu spalten, aber kann auch opportun sein, um Brücken zu bauen, denn das Bekenntnis zu Überparteilichkeit und Kompromiss genügt vielen Angesprochenen nicht.
Je streitsüchtiger die Streitparteien, desto mehr ersehnen sie sich einen machtlosen Unparteiischen, der sie nicht diszipliniert.

Zusammengefasst, wie mit Doppelzüngigkeit umzugehen ist:

1. Man sollte sich der Wahrscheinlichkeit von Doppelzüngigkeit bewusst bleiben.
2. Man sollte sich der positiven und negativen Bedeutung von Doppelzüngigkeit bewusst bleiben.
3. Man sollte die positiven Teile aufgreifen und darauf verpflichten.
4. Wer hingegen die Doppelzüngigkeit bloß anprangert, riskiert, dass er etwas nicht richtig verstanden hat, schafft oder vertieft Widersprüche.

Grüße von Sven200609         >> DISKUSSION

www.Dialogie.de
www.inidia.de/doppelmoral.htm
www.inidia.de/notluege.htm 

1503 - Umm Kulthum Bint `Uqba, berichtete folgenden Hadith: "Lügner ist nicht derjenige, der zwischen den Menschen schlichtet und dabei etwas Gutes spricht, oder etwas Gutes stiftet."  

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