EU-Verfassungspolitik von CDU/CSU   
P R E S S E N E W S

Berlin, den 30. September 2003  56/03

Bei einem europapolitischen Spitzengespräch unter Leitung der CDU-Vorsitzenden Dr. Angela Merkel und des CSU-Vorsitzenden, Ministerpräsident Dr. Edmund Stoiber, beschlossen CDU und CSU folgende

Gemeinsame Positionen von CDU und CSU
zur Regierungskonferenz über den EU-Verfassungsvertrag
29. September 2003

 
 

I.

CDU und CSU begrüßen die Vorlage des Entwurfs für eine Verfassung der Europäischen Union durch den Konvent. Der Konvent trägt in wesentlichen Punkten die Handschrift von CDU und CSU. Die Vorschläge des Konvents zur Weiterentwicklung der europäischen Integration kommen dem Ziel einer handlungsfähigeren, transparenteren und demokratischeren Gemeinschaft näher. Zu begrüßen sind insbesondere die institutionellen Reformvorschläge. CDU und CSU sehen hierin einen wichtigen Schritt zur Vorbereitung der Erweiterung, der allerdings den Reformbedarf der Europäischen Union in wesentlichen Fragen nicht vollständig behebt.

 

"Handschrift von CDU und CSU"

II.

CDU und CSU fordern, dass die nachstehenden Reformvorschläge des Konventes in der kommenden Regierungskonferenz bestätigt werden:

  • Erstmals ist es gelungen, eine klare Kompetenzordnung über die Zuständigkeiten der Europäischen Union mit einer Einteilung und Auflistung der Kompetenzkategorien festzulegen. Außerdem muss die Europäische Union dort, wo sie zuständig ist, die Prinzipien der begrenzten Einzelermächtigung, der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit beachten. Damit sind allgemeine Zielformulierungen nicht mehr kompetenzbegründend.

 

 
  • Alle diese Festlegungen unterliegen einer Kontrolle durch die nationalen Parlamente - und über ein Klagerecht beider Kammern der nationalen Parlamente - durch den Europäischen Gerichtshof.

 

 
  • Alle Teile des Verfassungsvertrags haben die gleiche Rechtsqualität.

 

 
  • Durch den Verfassungsvertrag wird die EU stärker als bisher als Wertegemeinschaft definiert.

 

 
  • Die Präzisierung der Kompetenzausübungsprinzipien und die Vereinfachung der Handlungsinstrumente.

 

 
  • Die Erhaltung des Ratifikationserfordernisses für Vertragsänderungen hinsichtlich aller Teile des Verfassungsvertrags.

 

 
  • Die verbindliche Aufnahme der Grundrechtecharta zur Stärkung der Rechte der Bürgerinnen und Bürger gegenüber den europäischen Institutionen

 

 
  • Die Stärkung des Demokratieprinzips durch die stärkere politische Anbindung der Kommission an das Europäische Parlament bei der Wahl des Kommissionspräsidenten und die Stärkung der Mitspracherechte der Europäischen Parlaments.

 

 
  • Die Verbesserung der Transparenz durch Einrichtung eines öffentlich tagenden Legislativrates und die übersichtlichere Aufgabenverteilung zwischen Europäischer Union und Mitgliedstaaten durch die Bestimmung von Kompetenzkategorien.

 

 
  • Die Stärkung der Handlungsfähigkeit der EU durch die Reduzierung der Größe der Europäischen Kommission, die Schaffung eines Außenministers und eines Präsidenten des Europäischen Rates und den verstärkten Übergang zur Mehrheitsentscheidung.

 

 
  • Die Verankerung eines ausdrücklichen Harmonisierungsverbots bei wichtigen nationalen Politikfeldern.

 

 
  • Die Achtung der regionalen und kommunalen Selbstverwaltung sowie des Status der Kirchen und Religionsgemeinschaften.

 

 
  • Die demokratischere Entscheidungsfindung und Verbesserung der Entscheidungsfähigkeit des Rates durch die bessere Berücksichtigung der Bevölkerungsverhältnisse in der Europäischen Union mittels der generellen Einführung der doppelten Mehrheit.

 

 

III.

Neben der erfreulichen Bestätigung des Subsidiaritätsprinzips muss aber andererseits festgehalten werden, dass an anderer Stelle die Zentralisierungsdynamik der Europäischen Union in dem Konventsentwurf ungebrochen bleibt und auch keine Antwort auf die Frage nach den Grenzen Europas gegeben wird:

 

 
  • Der Konvent hat sich nicht der Aufgabe gestellt, den Aufgabenbestand der Europäischen Union mit Blick auf die sich verschärfenden gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Unterschiede in einer erheblich größeren Union kritisch zu untersuchen und ggf. auch Aufgaben an die Mitgliedstaaten zurückzugeben.

 

 
  • Die Verfassung überträgt der Europäischen Union zahlreiche neue oder erweiterte Zuständigkeiten, die von den Mitgliedstaaten ausreichend selbst erledigt werden können und für die keine Notwendigkeit zentraler Entscheidung besteht. Betroffen sind u. a. die Bereiche Daseinsvorsorge, Wirtschaftspolitik, Sozialpolitik, Strafrecht.

 

 
  • Einige Konventsvorschläge berühren die Kompetenzkompetenz der Mitgliedstaaten, z. B. die Ermöglichung des gemeinschaftsautonomen Übergangs zur Mehrheitsentscheidung.

 

 
  • Mit der Einführung der Mehrheitsentscheidung hinsichtlich der Modalitäten des Eigenmittelbeschlusses und der finanziellen Vorausschau verlieren die Mitgliedstaaten zunehmend die Kontrolle über die Höhe ihrer Finanzbeiträge an die Europäische Union.

 

 

IV.

Die bisherigen Beratungen zur Vorbereitung der Regierungskonferenz zeigen, dass alle derzeitigen und kommenden Mitgliedstaaten die Regierungskonferenz zum Erfolg führen wollen. Dabei wird aber auch deutlich, dass die ganz überwiegende Mehrheit der Mitgliedstaaten noch Veränderungen an dem Konventsvorschlag vornehmen will. Zur Vorbereitung der Eröffnungssitzung der Regierungskonferenz am 4.10.2003 führt der italienische Ratsvorsitz derzeit Konsultationen mit den Mitgliedstaaten über die zu beratenden Punkte durch. Die Bereiche, zu denen der italienische Ratsvorsitz eine Diskussion der Regierungskonferenz vorschlagen wird, betreffen auch wesentliche Forderungen von CDU und CSU, die im Konvent nicht durchsetzbar waren, wie die Aufnahme eines Gottesbezuges, die Erhaltung der Einstimmigkeit im Bereich der Einwanderung sowie die Beibehaltung des derzeit geltenden Vertragsänderungsverfahrens.

 

 
Einwanderung sowie die Beibehaltung des derzeit geltenden Vertragsänderungsverfahrens.

 

 
CDU und CSU treten im institutionellen Bereich dafür ein, die Interessen der kleinen Mitgliedstaaten stärker zu berücksichtigen, ohne dabei das vom Konvent vorgeschlagene institutionelle Gleichgewicht sowie die Konzentration der Aufgabenbereiche in der Kommission zu gefährden.

 

 
Darüber hinaus fordern CDU und CSU die Bundesregierung unter den dargelegten Umständen auf, die nachfolgenden Forderungen ebenfalls bei der italienischen Ratspräsidentschaft anzumelden:

 

 
  • Der Verfassungsvertrag muss einen Gottesbezug enthalten.

 

was heißt das denn? 

  • Eine Kompetenz der Europäischen Union, die Prinzipien und Bedingungen für Leistungen der Daseinsvorsorge zu regeln, ist abzulehnen.

 

 
  • Im Bereich der Einwanderungspolitik muss am Einstimmigkeitsprinzip festgehalten werden. Die europäische Rechtsetzung ist auf Mindeststandards zu beschränken, die umfassende Verantwortung der Mitgliedstaaten für Personenkreis und Zahl der Einwanderer sicherzustellen und den Mitgliedstaaten allgemein vorzubehalten, den Arbeitsmarktzugang von Drittstaatsangehörigen zu regeln.

 

 
  • Das Recht der Länder, im Ministerrat mit Verhandlungsstatus vertreten zu sein, darf nicht auf den Legislativrat beschränkt sein.

 

 
  • Die Festlegung der Finanzierung der Europäischen Union (Eigenmittelbeschluss) muss wie bisher einschließlich der Modalitäten der Finanzmittel dem Ratifikationserfordernis unterliegen.

 

 
  • Die Koordinierungskompetenzen in der Wirtschaftspolitik haben generalklauselartigen Charakter und müssen (im Sinne einer Begrenzung) präzisiert werden. Es muss verhindert werden, dass es zu einer zentralen Steuerung der Wirtschaftspolitik kommt. Abzulehnen ist auch die Erweiterung der EU-Koordinierungskompetenzen durch Verankerung der "Offenen Methode der Koordinierung" in den Bereichen Sozialpolitik / Arbeitsrecht, Gesundheitspolitik, Industrie und Forschung.

 

 
  • Wie die Europäische Zentralbank und die Deutsche Bundesbank fordern CDU und CSU, bei den Zielen der Union den Vorrang der Preisstabilität festzuschreiben.

 

 
  • Der Anwendungsbereich der Binnenmarktklausel muss auf Maßnahmen beschränkt werden, die primär und unmittelbar das Funktionieren des Binnenmarktes zum Gegenstand haben, um die bislang ausufernde Inanspruchnahme der Kompetenznorm auf ihren eigentlichen Kern zu beschränken.

 

 
  • Angesichts der begrenzten finanziellen Möglichkeiten der Europäischen Union müssen die Spielräume der Mitgliedstaaten zur Gestaltung einer eigenständigen Strukturpolitik erweitert werden.

 

 
  • Die Schaffung neuer Zuständigkeiten im Bereich Energie wird abgelehnt.

 

wieso das?

Im Übrigen muss innerstaatlich das Recht des Europäischen Rates, durch einstimmigen Beschluss von der Einstimmigkeit zur Mehrheitsentscheidung überzugehen, an die Zustimmung von Bundestag und Bundesrat gebunden werden.

woraus leitet sich diese Wunsch ab?
außer der gegenwärtigen Blockadechance

   

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