Gnade ohne Reue ? unfertiger Text
Die Debatte über die Begnadigungen von Terroristen läuft nun schon eine Weile, ist aber sicherlich auch allgemeiner von Interesse.
Mir fehlt leider die Zeit zur Ausführlichkeit, aber vielleicht gelingen Anfänge:
1. Gnade wird vielfach als Geschenk angesehen: "Niemand hat ein Recht auf Gnade."
Dem stimme ich nur insoweit zu, als die Gnade über eine Gnade hinausgeht, die unabdingbar ist, um humane Verhältnisse zu gewährleisten,
a) zumal nicht alles Wohl aus gegenseitigen Leistungsbeziehungen kommen kann,
b) nicht alle Gerechtigkeit über Wiedergutmachung oder Strafe zu erreichen ist,
c) kaum ein (Rechts-)Frieden ohne Vergebung bzw. Schulderlass ist.
Deshalb sollte "Gnade vor Recht" keine Ausnahme sein, sondern Regel in jedem Recht und über alles Recht hinaus.
2. Es wird gesagt: "Gnade verdient nur, wer Reue hat."Daran ist richtig, dass Reue belohnt werden sollte. Das Problem bleibt, die Reue von Heuchelei zu unterscheiden.
3. Es wird gesagt: "Keine Gnade ohne Reue."
Demgegenüber wird von vielen in der Debatte um die Terroristenbegnadigung darauf verwiesen, dass die Gnade auch dann sein darf, wenn die Strafe nicht ausreichte, um den Straftäter zu läutern.
Als Voraussetzung für die Begnadigung sollte genügen,
a) dass die Strafe "streng genug" war, so dass es für die Vergeltung und Generalprävention ausreicht,
b) die Prognose, dass der Begnadigte seine Verfehlungen nicht wiederholt. Dass solche Prognose immer auch den Irrtum riskiert, ist so wenig auszuschließen, wie jegliches Risiko mit Menschen größer ist, je danach, über was wir ihnen Macht gewähren.
Wer die Reue vor die Gnade stellt, leistet der Heuchelei, den eigenen Irrtümern und letztlich auch der Gesinnungsjustiz Vorschub.
Aber Irrtümer finden sich auch auf Seiten, die Gnade einfordern, als sei sie reine Mathematik, Gewohnheitsrecht zulasten der Urteile, zugunsten der Verurteilten. So kam im Fernsehen ein Ex-Terrorist Meier oder Müller zu Wort und meinte, dass im Strafgesetzbuch kein Wort von Reue stehe. Es blieb ohne Widerspruch.
Spontan hätte ich geantwortet, dass insbesondere von Gnade dort nichts steht, während zur Reue allerlei Bezug ist,
zum Beispiel als Schuldminderungsgrund, der zur Strafmilderung oder sogar zur Strafaufhebung führen kann.
Und noch viel allgemeiner, denn das Resozialisierungsziel des Strafrechts ist ohne Reue nicht vorstellbar.
Es gibt also die "tätige Reue" = die "rechtzeitige Reue", wie sie aus § 24 StGB (Rücktritt vom Versuch) gefolgert wird, und es gibt die "verspätete Reue" = "verspätete Einsicht", wie sie das Strafrecht neben anderen Ziele möchte.
Der Ex-Terrorist hätte allenfalls sagen können: [I]"Das Strafrecht erreicht nicht bei jedem Verurteilten die gesetzlichen Ziele."[/I] - Das wäre dann leider wahr.
Andererseits sieht das Strafrecht nicht vor, dass wenn jemand z.B. eine Straftat beging, um eine ihm oder anderen zugefügte Tat zu "kompensieren" (=[url=http://www.inidia.de/selbstjustiz.htm][color=blue]Selbstjustiz[/color][/url]) oder zu verhindern (Putativnotwehr), trotz Urteil und Strafe sein Unrecht nie einsieht, deshalb kein Lebenslänglich "verdient", wenn zu erwarten ist, dass es ihm nicht erneut passiert, denn zumindest die vermeidbar irrtümliche Notwehr kann jedem Menschen passieren und die Prognose zur Selbstjustiz-Wiederholung hängt stark vom Einzelfall ab, ob etwa eine in ihrer Kindheit vom Vater missbrauchte sich an ihm mörderisch rächte und dann wohl kein zweites Mal kann. Solch eine Täterin hatte ihren "Erfolg".
Anders bei Terroristen, die nur ihre Erfolglosigkeit bedauern und nicht auch ihre Unmoralität, denn ihr
Auch dieses Argument darf nicht über den Zweck hinaus, denn es geht nicht um die Frage einer Bestrafung über das Urteil hinaus, sondern um Begnadigung, also vorzeitige Haftentlassung. Das muss man schon noch auseinanderhalten.
Deshalb ist mir die ausbleibende Reue sowohl "kein Argument für die Begnadigung" als auch kein zwingendes Gegenargument, denn wie gezeigt: Wir möchten keine Gesinnungsjustiz, sondern eine Justiz, das .
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Zu einzelnen Stellungnahmen:
[color=darkblue][I]"Herr Klar hat gegenüber den Hinterbliebenen keine Reue gezeigt. Vor diesem Hintergrund wäre eine Begnadigung den Angehörigen der Opfer schwer zu vermitteln"[/I][/color], erklärte Bernd Neumann (CDU), Kulturbeauftragter der Bundesregierung gegenüber der "Bild"-Zeitung.
Dass eine Strafe und Begnadigung den Angehörigen von Opfern "schwer zu vermitteln" sein kann, ist bedauerlich, aber darauf kommt es nicht an, wie ein Kulturbeauftragter wissen sollte, denn das ginge in Richtung Selbstjustiz, also in ein Rechtsdenken, aus dem die terroristischen Verbrechen kommen, für die Terroristen bestraft gehören.Sven200703