Handaufzucht ?

Im Tierhandel wird oftmals mit "Handaufzucht" geworben, dass also ein Papagei nicht von Elterntieren, sondern vom Züchter aufgezogen und "besonders zahm" wurde. 

"Besonders zahm" hört sich für viele Tierliebhaber zunächst mal toll an, aber man sollte sich schon klar sein, dass es nicht grad sonderlich tierlieb ist, den Elterntieren die Jungtiere zu klauen und auch den Jungtieren ihre natürliche Kindheit.
Wir hätten solche Trennung mit unseren Jungpiepern jedenfalls nicht übers Herz gebracht. Zumal auch viel zu süß, wie lieb sich Vogeleltern um ihren Nachwuchs kümmern.

Es ist unfasslich, wie sehr sich Papageien in Menschen verlieben und glücklich machen können, aber genauer besehen, werden die Papageien in solcher Beziehung nicht wirklich glücklich, was sich auf Dauer in Verhaltensstörungen, Aggression und auch Selbstverstümmelung zeigt. 

Wir Menschen schaffen es einfach nicht, den Papageien in der Weise gerecht zu werden, wie es Artgenossen können. Die Liebe, der Streit, die Spielchen, der gemeinsame Sport-Flug, das gemeinsame Untersuchen von Sachen, die gemeinsame Kletterübung, ...  - mit all dem können sich Agas gegenseitig besser bespaßen als wir grobmotorigen und flugunfähigen Riesen.  

Also ganz ähnliche Probleme wie bei der >> Einzelhaltung

msr 20150523

AgaProbleme   AgaJournal


Liebe Daniela, vielleicht hätte ich gleich schreiben sollen, dass Antworten gar nicht so leicht ist, weil jeder Pieper und jedes Schicksal verschieden genug, um in der Hoffnung auf Aga-Sozialisierung genau das mit äußerster Vorsicht zu probieren, was du probiert hast und leider Pech hattest. 
Äußerste Vorsicht bzw. Aufsicht vor allem deshalb, weil artgerecht herangewachsene Agas größte Schwierigkeiten mit fehlgeprägten Agas haben, nicht verstehen, wenn der Handzögling nicht von Agas, sondern nur von Menschen geschmust werden will. 
Total (verletzungs-)gefährlich, aber es kann eben auch sein, dass es gelingt, ganz allmählich und wieder abhängig von vielen Umständen, auch dem Geschick des Zugeholten oder der Zugeholten, dass Lernprozesse einsetzen.
Und die Glückswahrscheinlichkeit hängt davon ab, wie früh die Handaufzucht einsetzte - und ob als Einzeltier oder in Gegenwart anderer Agas oder anderer Lebewesen. 
Um solche Chancen abzuwägen, braucht es deshalb viele, viele Informationen, die wir bspw. bei Tierheim-Piepern oft nicht bekommen können, sondern spekulieren müssen und experimentieren.
Eigene Erfahrungen habe ich mit Handaufzuchten zumindest keine Bewussten, denn mit "Zufliegern" kann schon mal schnell der Eindruck entstehen, es sei eine Handaufzucht, wenn ein Pieper aus Einzelhaltung kam und deshalb sehr auf Menschen fixiert ist. Auch das ist gefährlich, aber die Chancen zu Aga-Sozialisierung sind dann besser als bei "Handaufzucht in Einzelhaltung". 
Wir hatten das Problem in Indonesien mit einer Ente. Ein Patient hatte meinen Vater die Behandlung mit einem Entenküken bezahlt, es wurde von meinen Geschwistern inmitten von Gänsen aufgezogen - und dachte, es sei eine Gans, 
Wir holten Enten dazu, aber es war zu spät, die Ente auf Gans geprägt und verhielt sich auch so: Gänsemarsch (ganz hinten) und sehr ungemütlich zu den Enten - und von den Gänsen nicht als Gans anerkannt. Schlimmes Schicksal. Auch für meine lieben Geschwister - würde Sigmund Freud vielleicht psychoanalysieren:-) LG

msr 20150623