Kapitallogik ?

"Kapital als scheue Reh ... "

"Geld regiert die Welt ..." [ Forum ]

Ralph schrieb in etwa, "dass sich Europa der Kapitallogik anzupassen hat, da das Kapital wie ein  scheues Reh aus Märkten fliehe, die keine hinreichenden Profite abwerfen". 
 
Nun gut, die Sonne geht im Osten auf, im Süden nimmt sie ihren Lauf, im Westen siehst Du sie untergehen - und dennoch sind wir es, die sich vor der Sonne drehen.
    
von Sven Redaktion am 9.Feb.2004 17:29  

Hallo Ralph,
 
das Kapital als "scheues Reh" dürfte dem Selbstverständnis eines Herrn Ackermann nur wenig gerecht werden.
 
Überhaupt ist jegliche Vorstellung, die auf eine Verselbständigung wirtschaftlicher Prinzipien ("das Kapital macht ...", "Geld regiert die Welt") gegenüber dem Menschen oder der Politik von einer Absurdität, die allein in Theoriemodellen/Ideologien aufgehen kann, nicht aber im Leben.
Da spielt es dann auch keine Rolle, ob man sich die Welt marxistisch interpretiert oder in den Varianten umgekehrter Zielsetzungen: immer ist es der Mensch, der Interessen entwickelt, durchsetzt, berücksichtigt oder nicht und zwar im Rahmen seiner politischen Möglichkeiten.
 
Das Kapital ist also weder Reh noch Wolf, sondern eher Panzer und/oder Traktor, wenn man ohne bildhafte Vergleiche nicht zu denken vermag, aber das Kapital wechselt nicht in die Rolle des Subjekts.
Alles andere wäre eher eine dumme Art von Religion: das Kapital mal als Satan, mal als Gott.
 
Solltest Du jemals in die Situation geraten, Kapital zu lenken, so wirst Du bedauern und begrüßen, dass es das nicht aus sich selbst heraus vermag.
 
Grüße von Sven

Nachtrag: Kapital ist nicht beweglicher als man es beweglich sein lässt.

   
Anmerkungen zur Kapitaldefinition:

Der Begriff Kapital ist schon schwer genug zu definieren und unmöglich "wissenschaftlich neutral" in Verhältnis zu ideologischen Definitionen zu bringen. Der Kapitalbegriff bleibt umstritten und bleibt in Vielzahl. 

Mir ist das Kapital die Transformationskraft von Wirtschaftsgütern, also aus dreierlei Tatbeständen: a) zu welchen Tauschwerten lassen sich Wirtschaftsgütern umwandeln, b) innerhalb welcher Fristen, c) der in beidem liegenden Varianz.

Dieser Kapitalbegriff ist dem Vermögensbegriff verwechslungsnah, nicht auf beispielsweise Produktionsmittel reduziert, steht auch nicht der Arbeit "gegenüber" und ist möglicherweise sogar mit dem Vermögensbegriff wesensidentisch.
So weit ich den Kapitalbegriff brauche, genügt er den Anforderungen. 

Dem Kapital wird wie im obigen Dialog häufig Subjektcharakter unterstellt. Nach meiner Definition wäre das unzutreffend, weil Kapital wie jedes darin repräsentierte Wirtschaftsgut ohne Zutun des Menschen ohne Bewegung, Entwicklung und Wirkung ist. Allerdings >> KLICK

Insbesondere dem Geld, dem Gold, den Wertpapieren wird ein Höchstmaß an Subjektcharakter zugetraut, obwohl dafür nichts anderes gelten kann als für jedes sonstige Wirtschaftsgut: stetige Abhängigkeit von der Konjunktur, von Angebot und Gegenwert bietender Nachfrage. 

Unbestritten lässt sich mit Geld schneller entscheiden, weil schon die erste Hälfte des Transformationsprozesses erledigt ist, also nicht mehr verkauft oder ein Tauschpartner auf konkrete Wirtschaftsgüter, sondern nur noch zwischen Anbietern derjenige gefunden werden muss, dem dieses Geld den gewünschten Gegenwert hat.
Daran kann es mitunter noch hapern, denn Millionen in der Tasche sind vielerorts keinen Pfifferling wert, wenn es die falsche Währung ist. 

Immerhin stellt sich das Geld so dar, dass seine Verwendung zügig erscheint und oft so zügig, dass sich andere Marktbeteiligte nicht oder nur schwer darauf einstellen können. Aber auch das ist sämtlich in Abhängigkeit vom Recht, was jemand transformieren, transferieren, wie, wann und wo investieren kann. 

Die Politik kann sich um solch Recht kümmern. Tut sie es nicht, also wenn die Politiker schlafen, dann tut es die Wirtschaft allein, also dann die Menschen dort nach ihrer Logik und ihrer Moral, aber das Kapital selbst ist kaum anderes als ein Sack mit Kartoffeln. Rührt sich nicht vom Fleck, verdirbt allenfalls, was von ihm nicht genascht, ordentlich gelagert, transportiert oder in Erden gebracht wird. - Manche mögen solch Schicksal des Sacks Kapitallogik nennen, was so tut, als gelte es mehr davon zu verstehen. - Niemals sollte man dagegen streiten:-) 

Ich allerdings bin der Meinung, dass wer von Kapitallogik spricht, als seien dort eigene Regeln und unerreichbar für Recht und Moral, nur ablenkt von den Notwendigkeiten die Investitionen durch mehr Recht sozialer zu lenken. Und wer sich damit rausredet, dass dies im nationalen Rahmen nicht funktioniere, wird mir nur dann glaubwürdig, indem er international genug dahin drängt >> Globalisierung

sven200407                     DISKUSSION

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