Piuspriesterbruderschaft - Dokumentation
Nachstehende Texte stammen von der offiziellen Website der Pius-Priesterbruderschaft und halten fest, was diese Vereinigung auf dem Höhepunkt des Eklats über sich selbst sagt (Datum 07.02.2009):
Fragen zur Priesterbruderschaft St. Pius X.
Was bedeutet "FSSPX"?
FSSPX heißt "Fraternitas Sacerdotalis Sancti Pii Xi", das ist
Lateinisch für "Priesterbruderschaft St. Pius X.".
Ist die
Priesterbruderschaft St. Pius X. als Widerstandsbewegung gegen das II.
Vatikanische Konzil entstanden?
Nein. Die Gründung der Priesterbruderschaft St. Pius X. erfolgte im Jahr 1969
mit der ausdrücklichen Zielsetzung, das katholische Priestertum zu erneuern.
Sie wurde am 1. November 1970 durch den zuständigen Bischof von Freiburg, Genf
und Lausanne, Mgr. Charrière, ordnungsgemäß kanonisch errichtet und erhielt
im darauffolgenden Jahr, am 18. Februar 1971, eine Belobigung ihrer Statuten
durch den damaligen Präfekten der römischen Kleruskongregation, Kardinal
Wright. Für die Einrichtung ihrer Seminare stützte sie sich u.a. auf Beschlüsse
des Dekrets des II. Vatikanischen Konzils für die Priesterausbildung, "Optatam
totius". So war die Priesterbruderschaft St. Pius X. unter den ersten, die
das vom Konzil gewünschte Spiritualitätsjahr in ihren Seminaren verwirklichte.
Wie ist die Haltung
der Priesterbruderschaft St. Pius X. gegenüber dem II. Vatikanischen Konzil?
Wie man dem Buch von Ralph Wiltgen "Der Rhein fließt in den Tiber"
entnehmen kann, geriet das II. Vatikanische Konzil praktisch von Anfang an in
die Hände der "Rheinischen Allianz", einer Koalition liberaler Bischöfe
hauptsächlich aus Frankreich, Deutschland und den Niederlanden. Papst Johannes
XXIII. schlug sich ebenso wie sein Nachfolger Paul VI. auf die Seite der
Liberalen. Diese dominierten daraufhin das Konzil. Das Ergebnis war ein
Konglomerat von Texten, die teils rechtgläubig, teils mehrdeutig, teils aber
auch von Irrtümern durchsetzt sind. In einer bewußt unklar und ungenau
gehaltenen Sprache formuliert, sind sie insgesamt von einem liberalen Geist
durchdrungen. Derselbe Geist zeigte sich deutlich in den nachkonziliaren
Reformen und Richtlinien, die teilweise noch weit über die Texte des Konzils
hinausgingen. Die Priesterbruderschaft lehnt es daher ab, das Konzil und seine
Reformen anzunehmen, weil sie von jenem liberalen Geist geprägt sind, der nicht
der Geist der Kirche ist.
Worin zeigt sich der
liberale Geist des Konzils?
Der liberale Geist zeigt sich insbesondere in der Öffnung zur Welt, dem "Aggiornamento",
den Lehren vom Ökumenismus und von der Religionsfreiheit. Diese widersprechen
ganz und gar dem Geist des Evangeliums und den Lehren, die die Kirche bis dahin
vertreten hat. Es ist der Geist der Revolution, der in die Kirche eindrang.
Kardinal Suenens sprach daher vom Konzil als dem "Jahr 89" der Kirche
(1789 war das Jahr der französischen Revolution).
Was lehrt der Ökumenismus?
Der liberale Ökumenismus besagt, daß alle Konfessionen und Religionen Elemente
der Wahrheit und der Gnade enthalten und somit "Wege des Heils" sein können.
So heißt es im Ökumenismusdekret des Konzils "Unitatis Redintegratio"
Nr. 3, der "Geist Christi" habe sich gewürdigt, die "getrennten
Kirchen und Gemeinschaften trotz der Mängel, die ihnen nach unserem Glauben
anhaften" als "Mittel des Heiles zu gebrauchen". Nach bisherigem
Verständnis galt jedoch, daß es außerhalb der von Christus selbst gegründeten
Kirche, die keine andere ist als die katholische, kein Heil gibt: "Extra
ecclesiam nulla salus". Zwar kann in Einzelfällen auch das Heil außerhalb
der sichtbaren Grenzen der Kirche erlangt werden, aber nur von solchen, die
wenigstens den impliziten (einschlußweisen) Wunsch nach Zugehörigkeit zur
Kirche haben. So wurde es noch unter Papst Pius XII. genau präzisiert (des
Heiligen Offiziums an den Erzbischof von Boston vom 8. August 1949). Das II.
Vatikanum weicht mit seinem Ökumenismus von dieser Lehre in auffallender Weise
ab.
Was ist der Inhalt der
"Religionsfreiheit"?
Kardinal Ottaviani hat als Mitglied der Vorbereitenden Konzilskommission ein
Schema verfaßt mit dem Titel "Über die religiöse Toleranz", in dem
er die überlieferte katholische Lehre zu diesem Gegenstand darlegte. Nach
dieser Lehre hat nicht nur der einzelne Mensch, sondern auch jeder Staat die
Pflicht, die katholische Religion als die einzig wahre anzuerkennen und ihr
entsprechende Rechte einzuräumen. Für einen Staat mit katholischer Mehrheit würde
das bedeuten, daß der Staat sich zum Katholizismus als Staatsreligion bekennt
und dieser Religion allein alle Rechte zuerkennt. Andere Religionen kann der
Staat dulden - insbesondere dann, wenn ihre Anhänger zahlreich sind -, aber er
kann sie nicht in gleicher Weise anerkennen wie die katholische. Kardinal Bea,
der derselben Kommission angehörte, legte ebenfalls ein Schema vor, das den
Titel trug: "Über die Religionsfreiheit". Darin heißt es, daß der
Staat in religiösen Dingen seinen Bürgern jede Freiheit lassen muß, daß er
keine Religion bevorzugen oder als Staatsreligion bekennen darf. Dieses Dokument
widerspricht vollkommen dem von Kardinal Ottaviani und damit der ganzen
katholischen Tradition. Trotzdem hat das II. Vatikanum dieses Schema von
Kardinal Bea aufgegriffen und in "Dignitatis Humanae" diese neue Form
der liberalen "Religionsfreiheit" verkündet.
Worin bestand die Öffnung
zur Welt, das "Aggiornamento"?
Papst Johannes XXIII. hat in seiner Eröffnungsansprache des Konzils dessen
Aufgabe so beschrieben, daß die Lehre der Kirche "im Licht der modernen
Forschungen und der Sprache des heutigen Denkens dargelegt und erforscht
werden" solle. Das ist das "Aggiornamento", das dem Konzil seinen
"pastoralen" Charakter gab. Es sollte keine Lehre verkünden, sondern
diese lediglich in einer neuen, der modernen Welt angepaßten Sprache darlegen,
ohne zu berücksichtigen, daß Inhalt und Sprache eng zusammengehören; nicht
umsonst hat die Kirche zur Darlegung ihrer Dogmen sich stets einer eigenen
Sprache bedient, wie auch die moderne Sprache und das heutige Denken massiv im
Liberalismus wurzeln, der dem Geist der Kirche ganz entgegengesetzt ist. Dabei
hatte Papst Johannes eine große Wertschätzung und Bewunderung für die moderne
Welt und den "staunenswerten Fortschritt der Entdeckungen des menschlichen
Geistes". Er wollte darum den "Unglückspropheten" nicht
zustimmen, sondern sah in der "gegenwärtigen Weltordnung" die
Vorsehung Gottes am Werk, die zu einer "neuen Ordnung der Beziehungen unter
den Menschen" führt. Das war im Grunde die Anerkennung des "novus
ordo saeculorum" der Revolution und der liberalen Freimaurerei, der von den
Päpsten des 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts immer verurteilt
worden war. Das Konzil sollte nicht mehr verurteilen oder verdammen, denn der
Papst war der Auffassung, daß sich alle Irrtümer im Grunde bereits selbst
widerlegt haben - und das zu einer Zeit, als sich der Kommunismus als
schlimmster aller Irrtümer weltweit immer mehr auszubreiten begann. Die Frucht
dieses "konziliaren" Geistes war das Dokument "Gaudium et Spes",
das die Kirche ganz der modernen Welt und damit dem Liberalismus öffnete. Das
steht im Gegensatz zum Evangelium, in dessen Geist uns der heilige Johannes
mahnt: "Habt nicht die Welt lieb, noch was in der Welt ist; wenn jemand die
Welt lieb hat, so ist die Liebe zum Vater nicht in ihm" (1 Joh 2,15).
Wie steht die
Priesterbruderschaft St. Pius X. zur "Neuen Messe" Papst Pauls VI.?
"Tatsächlich wurden in den neuen Texten die Hinweise auf das Sühneopfer
entfernt, die Atmosphäre des Mahles beim Abendmahl auf Kosten des
Opfercharakters verstärkt und die Anbetung, die Zahl der Kreuzzeichen und die
der Kniebeugungen verringert. Im neuen Ritus zielt alles darauf hin, das
katholische Dogma über die heilige Messe, wie es vom Konzil von Trient
definiert wurde, durch protestantische Begriffe zu ersetzen. Die Intention wird
sich dadurch schließlich auf einen protestantisierten Ritus beziehen und nicht
mehr auf das, was die Kirche aller Zeiten für alle Zeit vollbringt. Hinzu
kommen noch die schlechten Übersetzungen, die willkürlichen Anpassungen, die
eigenen Einfälle der Zelebranten (die 'Kreativität'), etc. – viele Ursachen
einer möglichen Ungültigkeit und jedenfalls des Sakrilegs! Der zu ziehende
Schluß ist klar: Wir haben die Pflicht, uns für gewöhnlich von diesem neuen
Ritus fernzuhalten. Nur in Ausnahmefällen, wie etwa bei einer Hochzeit oder bei
einem Begräbnis, dürfen wir ihm beiwohnen. Dies jedoch auch nur dann, wenn wir
die moralische Gewißheit haben, daß die Messe gültig und nicht sakrilegisch
ist. Das gilt für die gesamte Liturgiereform. Es ist daher besser, nur einmal
im Monat zur wahren heiligen Messe zu gehen, wenn es nicht anders möglich ist,
dann in noch größeren Abständen, als an einem Ritus mit protestantischem
Beigeschmack teilzunehmen, der uns die Unserem Herrn geschuldete Anbetung,
vielleicht sogar Seine wahre Gegenwart vorenthält. Die Eltern müssen ihren
Kindern erklären, warum sie lieber zu Hause beten, als an einer Zeremonie
teilzunehmen, die für ihren Glauben gefährlich ist."
Ist diese Messe häretisch?
"Wenn man von den Personen absieht, welche die Sakramente nach diesem neuen
Ritus spenden, und nur die allgemeine Reform in den von Rom veröffentlichten
Texten betrachtet, muß man mit den Kardinälen Ottaviani und Bacci feststellen,
daß sich diese Riten in wahrhaft beunruhigender Weise von den zu diesem
Gegenstand definierten Texten des Konzils von Trient entfernen. Die Bestrebungen
eines übertriebenen Ökumenismus haben diese Neuerungen der protestantischen
Reform derart angenähert, daß daraus eine ernste Gefahr der Verminderung des
Glaubens entstanden ist. Bei denjenigen, die diese Riten gewohnheitsmäßig und
ständig gebrauchen, stellt man sogar den Verlust des Glaubens fest, selbst wenn
sie sich bemühen, dabei den äußeren Schein der Überlieferung zu wahren.
Hinsichtlich der offiziellen reformierten Texte, muß man somit zu dem Urteil
kommen: 'Faventes haeresim – sie begünstigen die Häresie'."
Ist die "Neue
Messe" ungültig?
"Ein schwerwiegendes Problem! Wie kann der Gläubige das beurteilen? Für
die Gültigkeit einer Messe bestehen wesenhafte Bedingungen: die Materie, die
Form, die Intention und der gültig geweihte Priester. Sind diese Bedingungen
erfüllt, ist nicht einzusehen, warum man befürchten sollte, daß die Messe ungültig
sei... Es ist klar, daß in dem Maß, wie der Glaube der Priester verfällt und
sie nicht mehr die Intention haben zu tun, was die Kirche immer getan hat - denn
die Kirche kann ihre Intention nicht ändern -, es immer weniger gültige Messen
gibt. Die heutige Ausbildung der sogenannten Seminaristen bereitet sie nicht
darauf vor, gültige Messen zu zelebrieren... Andererseits kann man ohne die
geringste Übertreibung sagen, daß die meisten Messen, die ohne Altarstein
zelebriert werden, mit banalen Geräten, gesäuertem Brot, Einführung profaner
Reden, die sogar in den eigentlichen Kanon und auch sonst eingeschoben werden,
sakrilegisch sind und daß sie den Glauben verfälschen, indem sie ihn mindern.
Die Entsakralisierung geht so weit, daß diese Messen ihren übernatürlichen
Charakter, das 'Geheimnis des Glaubens', verlieren können, so daß sie nur mehr
Akte einer natürlichen Religion sind."
Wie soll man sich also der "Neuen Messe" gegenüber
verhalten?
"Ihre Ratlosigkeit wird darum vielleicht zu folgenden Fragen führen: Darf
ich, wenn keine andere Möglichkeit zur Erfüllung meiner Sonntagspflicht
besteht, in eine zwar sakrilegische, aber immerhin gültige Messe gehen? Die
Antwort ist einfach. Derartige Messen können nicht Gegenstand einer
Verpflichtung sein. Man muß überdies auf sie die Bestimmungen der
Moraltheologie und des Kirchenrechts anwenden, die sich auf die aktive Teilnahme
an einer für den Glauben gefährlichen oder unter Umständen sakrilegischen
Veranstaltung oder auch nur deren Besuch bezieht. Selbst wenn ein Priester die
Neue Messe mit Frömmigkeit und unter Respektierung der liturgischen
Vorschriften liest, fällt sie unter dieselben Bestimmungen, weil sie von
protestantischem Geist erfüllt ist. Sie enthält ein für den Glauben schädliches
Gift... Die Gläubigen sollten sich bemühen, wenigstens einmal im Monat die
Messe aller Zeiten, die wahre Quelle der Gnaden und der Heiligung, an einem
jener Orte zu besuchen, wo sie auch weiterhin in Ehren gehalten wird."
Hat nicht der Papst
das Recht, einen neuen Meßritus einzuführen, und ist man nicht verpflichtet,
einen solchen Ritus dann anzunehmen?
Dem Papst als dem Nachfolger Petri ist nach den Worten des I. Vatikanischen
Konzils der Heilige Geist nicht dazu verheißen, etwa Neues zu verkünden,
sondern dazu, "mit Seinem Beistand die durch die Apostel überlieferte
Offenbarung, d.h. das überlieferte Glaubensgut heilig zu bewahren und
getreulich auszulegen". Das gilt auch für die Heilige Messe. Der Papst hat
nicht das Recht, nach eigenem Gutdünken eine neue Messe zu kreieren und der
Kirche aufzuerlegen. Er hat auch nicht das Recht, eine von einem seiner Vorgänger
kanonisierte Messe wie die des heiligen Papstes Pius V. abzuschaffen oder zu
verbieten. Da ein solches Recht nicht existiert, besteht auch keine
Verpflichtung, sich zu unterwerfen.
Wie steht die
Priesterbruderschaft zum Papst?
Die Bruderschaft handelt in der Annahme, daß Papst Benedikt XVI. Papst ist, und
betet daher für ihn. Sie bemüht sich, ihn zur Rückkehr zur Tradition zu
bewegen, indem sie für ihn betet, mit seiner Umgebung zusammenkommt und ihm
schreibt.
Ist die
Priesterbruderschaft dem Papst ungehorsam?
Der Papst ist lediglich der Stellvertreter Christi, er ist nicht Christus
selbst. Er kann daher nichts anordnen oder verlangen, was gegen Unseren Herrn
Jesus Christus wäre. Er ist Nachfolger Petri und aller seiner Vorgänger auf
dem Heiligen Stuhl. Er kann also nichts auferlegen oder befehlen, was im völligen
Widerspruch zu allen seinen Vorgängern stünde. Er ist das Oberhaupt der römisch-katholischen
Kirche. Er kann also nicht anders lehren und handeln als die katholische Kirche
immer gelehrt und gehandelt hat. Die Priesterbruderschaft folgt und gehorcht dem
Papst, wo er als Stellvertreter Christi, Nachfolger Petri und Oberhaupt der römisch-katholischen
Kirche spricht und handelt. Sie weigert sich, ihm zu folgen, wo er im
Widerspruch steht zu Unserem Herrn Jesus Christus, zu der Reihe seiner Vorgänger
oder zur immerwährenden Tradition der heiligen, römisch-katholischen Kirche.
Ist die
Priesterbruderschaft St. Pius X. nicht illegal?
Nein. Sie wurde von Bischof Charrière ordnungsgemäß kanonisch errichtet und
vom Vatikan belobigt (s.o.). Das erste Seminar in Ecône im Schweizer Wallis
wurde mit Genehmigung des zuständigen Bischofs von Sitten eröffnet. Alles
verlief ganz legal nach den Regeln des kanonischen Rechts. Als jedoch immer mehr
junge Männer, vor allem aus Frankreich, in das Seminar von Ecône strömten
statt in die modernistisch gewordenen Diözesanseminare, erregten die französischen
Bischöfe 1974 eine Verfolgung gegen Ecône, die mit einer Pressekampagne gegen
das "wilde Seminar Mgr. Lefebvres" (eine glatte Verleumdung!) begann.
Ihren wichtigsten Verbündeten fanden die Bischöfe im Vatikanischen
Kardinal-Staatssekretär Villot, der ihnen versprach, das "Problem Ecône"
innerhalb eines halben Jahres "gelöst" zu haben. Bis dahin sollte die
Bruderschaft verschwunden sein.
Wurde nicht die
Priesterbruderschaft damals aufgehoben?
Vom Vatikan wurde zunächst eine Visitation nach Ecône geschickt. Die
Visitatoren bemühten sich bei dieser Gelegenheit, modernistische Irrtümer in
dem Seminar auszustreuen. Mgr. Lefebvre reagierte darauf mit seiner berühmt
gewordenen Grundsatzerklärung vom 21. November 1974. Daraufhin lud man ihn zu
einem "Gespräch" nach Rom ein, das am 13. Februar mit drei Kardinälen
stattfand. Die Kardinäle machten ihm in diesem Gespräch heftige Vorwürfe und
es hatte zunehmend den Anschein, daß hier kein "Gespräch", sondern
eine Gerichtsverhandlung stattfand. Zudem ging es nicht über das Werk der
Bruderschaft oder das Seminar, sondern fast ausschließlich um die Erklärung
Mgr. Lefebvres. Der Erzbischof erhielt von diesem "Gespräch" weder
eine Aufzeichnung noch eine Niederschrift, obwohl ihm das versprochen worden
war. Mit Schreiben vom 6. Mai 1975 erklärte ihm die
"Kardinalskommission", daß aufgrund des vorangegangenen "Gespräches"
die Priesterbruderschaft St. Pius X. vom Nachfolger Mgr. Charrières, Mgr. Mamie,
aufgehoben würde und daß damit auch das Seminar von Ecône sein Daseinsrecht
verliere.
Demnach existiert die
Priesterbruderschaft St. Pius X. kirchenrechtlich nicht mehr?
Doch. Das Kirchenrecht bestimmt nämlich, daß eine Vereinigung, die von einem
Bischof in seiner Diözese kanonisch errichtet wurde, nur vom Heiligen Stuhl
wieder aufgehoben werden kann. Eine Aufhebung durch seinen Nachfolger oder sogar
durch ihn selbst wäre null und nichtig. Eben das aber ist bei der
Priesterbruderschaft der Fall. Die "Aufhebung" erfolgte durch den
Nachfolger Bischof Charrières und nicht durch den Heiligen Stuhl. Sie war daher
ungültig. Erzbischof Lefebvre hat deshalb auch am 21. Mai 1975 Rekurs gegen den
Entscheid in Rom eingelegt. Dieser Rekurs wurde vom Obersten Gerichtshof ohne Prüfung
zurückgewiesen. Die Anweisung dazu war vom Kardinalstaatssekretär Villot
gekommen. Gegen diesen unzulässigen Übergriff hat Mgr. Lefebvre erneut Rekurs
eingelegt. Erfolglos. Dennoch muß eine objektive rechtliche Prüfung zu dem
Schluß kommen, daß all diese Maßnahmen ungesetzlich, willkürlich und
rechtlich unwirksam waren.
Wurde nicht Erzbischof
Lefebvre damals suspendiert?
Am 29. Juni 1975 sollte das Ausbildungsjahr in Ecône wie gewöhnlich mit der
Weihe junger Diakone zu Priestern enden. Diese Weihen wollte man von Rom aus
unbedingt verhindern. Man berief sich dazu auf die "Aufhebung" der
Bruderschaft und argumentierte so: Die Priesterbruderschaft existiert nicht
mehr, das Seminar hat daher keine Daseinsberechtigung mehr, also dürfen Sie
keine Priester mehr weihen! Erzbischof Lefebvre argumentierte dagegen: Die
Aufhebung war ungültig, also existiert die Bruderschaft nach wie vor, das
Seminar hat immer noch seine Daseinsberechtigung und also sind die Weihen
erlaubt! Abgesehen davon wäre es unmöglich gewesen, kurz vor Ende des
Studienjahres den ganzen Betrieb zu schließen, alle Lehrer und Seminaristen
nach Hause zu schicken und die jungen Diakone an ihre modernistischen Bischöfe
zur Weihe zu überstellen! Also nahm Mgr. Lefebvre die Weihen vor, obwohl man
ihm in diesem Fall mit der Suspension drohte. Diese "Suspension"
erfolgte dann auch prompt, war aber natürlich ebenso ungültig wie alle
vorangegangenen Maßnahmen. Das wurde indirekt bestätigt, als am 8. Dezember
1987 Kardinal Gagnon als offizieller Visitator des Vatikan an einer
Pontifikalzeremonie teilnahm, bei der Erzbischof Lefebvre mehrere Seminaristen
in die Priesterbruderschaft St. Pius X. aufnahm. Ein suspendierter Bischof hätte
keine Pontifikalzeremonie halten dürfen, und eine Aufnahme in eine nicht
existierende Bruderschaft hätte nicht stattfinden dürfen. Indem Kardinal
Gagnon offiziell daran teilnahm, bestätigte er stillschweigend und indirekt die
Nichtigkeit von Aufhebung und Suspension. Eine ausdrückliche offizielle
Rehabilitierung ist allerdings bisher nicht erfolgt, wie es eigentlich richtig
und angemessen wäre.
Wie kam es zu den
unerlaubten Bischofsweihen von 1988?
Nachdem es Erzbischof Lefebvre gelungen war, am 11. September 1976 mit Papst
Paul VI. zusammenzutreffen, wurden schließlich Gespräche vereinbart, die zu
einer Klärung und Normalisierung der Situation führen sollten. Offizieller
Gesprächspartner auf seiten des Vatikans war Kardinal Seper, der Präfekt der
Glaubenskongregation. Die Gespräche wurden nach dem Tod Pauls VI. unter Papst
Johannes Paul II., mit dem Erzbischof Lefebvre bald nach dessen Wahl 1978
ebenfalls ein kurzes Zusammentreffen hatte, fortgeführt. Die Rolle Kardinal
Sepers übernahm bald dessen Nachfolger, Kardinal Ratzinger. Leider führten
diese Gespräche zu keinem Resultat. Rom versuchte fortwährend, Erzbischof
Lefebvre zum Eingestehen seiner "Irrtümer" zu bewegen und zu einer
vollen Anerkennung des Konzils mit all seinen Reformen. Unterdessen beging Mgr.
Lefebvre am 29. November 1985 seinen 80. Geburtstag und mußte daran denken, wie
der Fortbestand der Tradition nach seinem vorauszusehenden Ende zu sichern wäre.
So dachte er schließlich daran, Bischöfe zu weihen, die das Werk fortsetzen könnten;
denn ein Werk, das sich hauptsächlich dem Priestertum und der
Priesterausbildung widmet, ist ohne Bischöfe undenkbar. Bei seiner Predigt zu
den Priesterweihen am 4. Juli 1987 sprach Erzbischof Lefebvre erstmals öffentlich
von dieser Möglichkeit, was in Rom große Bestürzung auslöste.
Hat Rom damals nicht
großartige Zugeständnisse gemacht?
In Rom reagierte man nun plötzlich sehr schnell, nachdem man jahrelang die
Dinge hatte schleifen lassen. Man stellte eine Einigung in Aussicht, die der
Priesterbruderschaft ermöglichen sollte, in ihrer bisherigen Form und
Ausrichtung bestehenzubleiben, und schickte zu diesem Zweck zwei Visitatoren,
Kardinal Gagnon und Mgr. Perl, die das Werk der Bruderschaft untersuchen
sollten. Die Visitatoren zeigten sich begeistert und sparten nicht mit Lob.
Kardinal Gagnon schrieb in das Gästebuch von Ecône, daß dies der richtige Weg
sei, um die Kirche wieder aufzubauen. Das Ergebnis der Visitation versprach also
glänzend zu werden. Zurück in Rom wollten die Visitatoren allerdings von all
diesen Dingen nichts mehr wissen. Es gab nicht einmal einen Abschlußbericht.
Jedenfalls bekam die Bruderschaft nie einen zu sehen. Im April und Mai des
Jahres 1988 kam es zu Verhandlungen mit Kardinal Ratzinger in Rom, die insgesamt
wenig ermutigend waren. Nur widerstrebend wollte Rom einen einzigen Bischof
zugestehen. So kam es schließlich zur Unterzeichnung des Protokolls vom 5. Mai
1988.
Warum hat Erzbischof
Lefebvre seine Unterschrift unter dieses Protokoll zurückgezogen, das doch eine
Einigung in nächste Nähe rückte?
Erzbischof Lefebvre hat seine Unterschrift nicht zurückgenommen. Er hat
lediglich darauf bestanden, den ihm in dem Protokoll zugesagten Bischof zu
bekommen. Daraufhin versuchte Kardinal Ratzinger Hinhalte- und Ausweichmanöver,
die klar zeigten, daß Rom diesen Bischof nicht geben wollte. Stattdessen
verlangte man einmal mehr von Mgr. Lefebvre ein Eingeständnis seiner "Irrtümer".
Als Erzbischof Lefebvre darauf bestand, spätesten am 30. Juni den ihm
zugesagten Bischof zu weihen, erklärte Kardinal Ratzinger - und nicht Mgr.
Lefebvre - das Protokoll für hinfällig. Es war jedenfalls offensichtlich, daß
man in Rom die Bischöfe der Tradition nicht wollte. In dieser Situation blieb
Mgr. Lefebvre nichts anderes übrig, als die Bischofsweihen ohne päpstliches
Mandat vorzunehmen.
War dies nicht ein
schismatischer Akt?
Nein. Bischofsweihen ohne päpstliches Mandat stellen an sich keinen
schismatischen Akt dar. Im Kirchenrecht werden sie unter die Kategorie "Amtsmißbrauch
und Amtsanmaßung" gezählt, nicht unter die "Vergehen gegen die
Einheit der Kirche". Zwar können solche Weihen auch Ausdruck einer
schismatischen Gesinnung sein, dies traf aber in diesem Fall eindeutig nicht zu.
Bei seiner Predigt zu den Bischofsweihen am 30. Juni 1988 in Ecône sagte Mgr.
Lefebvre: "Ferne seien von uns so erbärmliche Gedanken wie die, uns von
Rom zu trennen. Ganz im Gegenteil, wir nehmen diese Zeremonie vor, um unsere
Verbundenheit mit Rom zu manifestieren, um unsere Verbundenheit mit der Kirche
aller Zeiten zu manifestieren, mit dem Papst und mit allen jenen, die die Vorgänger
der Päpste waren, die nun seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil leider gemeint
haben, Irrtümer annehmen zu müssen, schwere Irrtümer, die im Begriffe sind,
die Kirche zu zerstören und das katholische Priestertum zu vernichten." Er
sprach deshalb von einer "Situation des Notstandes" und von einer
"Operation Überleben der Tradition". Das ist ganz klar keine
schismatische Gesinnung.
Dennoch sprach das
Motu proprio "Ecclesia Dei" vom 2. Juli 1988 die Exkommunikation über
Erzbischof Lefebvre aus?
Die "Exkommunikation" wurde ausdrücklich unter Bezug auf can. 1382
festgestellt, d.h. wegen unerlaubter Bischofsweihen und nicht aufgrund von
Schisma. In einem gewissen Widerspruch dazu sprach das Motu proprio zwar von
einem "schismatischen Akt". Wäre dies jedoch tatsächlich der Fall
gewesen, dann hätte die "Exkommunikation" auf der Basis des can. 1364
erfolgen müssen, d.h. wegen Schisma.
Also gibt es kein
Schisma?
Natürlich nicht. Selbst Rom hat das bestätigt. So hat etwa Kardinal Cassidy,
Vorgänger von Kardinal Kasper als Präsident des Päpstlichen Rats für die
Einheit der Christen, auf Anfrage eines Gläubigen mit Schreiben vom 3. Mai 1994
geantwortet, die Frage der Bruderschaft sei eine "interne Angelegenheit der
katholischen Kirche". Die Bruderschaft sei "nicht eine andere Kirche
oder kirchliche Kommunität", die von den Priester der Bruderschaft
gefeierten Messen und Sakramente seien gültig. Von einem Schisma kann also
keine Rede sein.
Und die
Exkommunikation?
Es gibt keine Exkommunikation für die Priester der Bruderschaft und erst recht
nicht für die Gläubigen, die sich ihr anschließen. Das hat u.a. kein
geringerer als Kardinal Ratzinger erklärt, in einem Brief vom 28.6.1993 an
Bischof Ferrario von Hawaii. Die einzige Exkommunikation, die jemals
ausgesprochen wurde, war die über Erzbischof Lefebvre und die von ihm geweihten
Bischöfe. Und auch deren Gültigkeit bestreiten wir mit gutem Grund. Denn laut
can. 1323 des Kirchenrechts tritt eine Kirchenstrafe wie die Exkommunikation
dann nicht ein, wenn jemand "aufgrund einer Notlage oder erheblicher
Beschwernis gehandelt hat, sofern jedoch die Tat nicht in sich schlecht ist oder
zum Schaden der Seelen gereicht" (Nr. 4). Nr. 7 desselben Kanons legt fest,
daß der Betreffende auch dann ohne Strafe bleibt, wenn er nur "ohne Schuld
geglaubt hat", eine solche Notlage läge vor. Selbst wenn wir keine Notlage
anerkennen würden, so müßten wir doch Mgr. Lefebvre wenigstens zugestehen,
ohne Schuld geglaubt zu haben, eine solche läge vor; damit ist eine
"Exkommunikation" aber auch bereits hinfällig.
Wie wird es mit der
Bruderschaft weitergehen?
Wir blicken zuversichtlich in die Zukunft. Etwa 400 Priester arbeiten derzeit
weltweit in unseren Prioraten und Kapellen. Unsere Seminare haben ausreichend
Zulauf. Die Situation ist stabil. Selbst Rom mußte das anerkennen. Erst vor
kurzem gab es wieder einen Vorstoß von seiten Roms in Gestalt des Präfekten
der Kleruskongregation, Kardinal Hoyos. Dabei war keine Rede von Schisma und
Exkommunikation. Es ging lediglich um die Frage einer rechtlichen Einigung, und
Rom war hier zu großen Zugeständnissen bereit. Leider war man wieder nicht
offen für die Fragen der Tradition, insbesondere was die heilige Messe
betrifft. Daher blieben auch diesmal die Gespräche in ihren Anfängen stecken.
Aber der Vorfall zeigt, daß einer Einigung nichts mehr im Weg steht, sobald Rom
zur Anerkennung seiner eigenen Tradition zurückgekehrt sein wird.
Quelle20090207 >> www.fsspx.info/bruderschaft/index.php?show=fragen
Kritik an der >> Piusbruderschaft
Katholiken Religionslexikon Dialog-Lexikon