Die "Protokolle" finden eine ebenso weite
Verbreitung im Internet wie gefälschte Talmud-Passagen (->Talmud).
Sie haben im Verlauf der Geschichte mehrere Wandlungen
durchlaufen:
1864: Der französische Schriftsteller Maurice Joly schreibt
ein satirisches Buch mit 25 Dialogen zwischen Montesquieu und
Machiavelli, wobei Montesquieu für die Freiheit und
Machiavelli für Despotismus spricht.
1868: Der deutsche Autor und Antisemit Herrmann Goedsche
schreibt unter dem Pseudonym "Sir John Retcliffe"
den Roman "Biarritz" lässt dort die 12 Stammväter
Israels diskutieren, die ein Konglomerat aus den Ideen von
Jolys Montesquieu und Machiavelli vertreten, sich aber in der
Sache einig sind; diese Sache ist ein merkwürdiges Gebräu
aus linken und kapitalistischen Ansichten und damit geistiger
Vorläufer der Verbindung von Judentum, Kapitalismus und
Kommunismus, wie sie später von den Nazis postuliert wurde.
1905: Das Machwerk wird ins Russische übertragen und neu
bearbeitet, unter dem Titel "Der herannahende
Antichrist". Der Text hat jetzt die Form eines Vortrags,
wobei der Autor auch die Ich-Form verwendet. In späteren
Ausgaben wird behauptet, dass dieser Vortrag auf dem Ersten
Zionistischen Weltkongress in Basel gehalten wurde. Tatsächlicher
Herausgeber ist vermutlich der zaristische Geheimdienst, der
dem Volk angesichts der gerade herrschenden Unruhen einen Sündenbock
für die Übel dieser Welt präsentieren will. Anderen Quellen
zufolge (s. untenstehenden link) sollen die Protokolle eine
Dialogform aufweisen; dies entspricht jedoch nicht dem von mir
gelesenen Text. Es ist sehr gut denkbar, dass die
"Protokolle" in mehreren Fassungen vorliegen, den
jeweiligen Bedürfnissen der Fälscher entsprechend.
1920: Die "Protokolle" erscheinen in einer großen
amerikanischen Tageszeitung, die sich im Besitz des
Antisemiten Henry Ford befindet. Er distanziert sich
allerdings später von ihnen.
1929: Die NSDAP erwirbt die alleinigen Rechte an den jetzt
sogenannten "Protokollen" und druckt sie in 40
Auflagen.
1934: In Bern verhängt ein Richter Geldstrafen gegen die
schweizerischen Herausgeber der "Protokolle" wegen
Verstoßes gegen das "Schundgesetz".
2001: The Schund must go on! :-(
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