„Nazi-Argumente
und Stammtisch-Parolen“:
In der Türkei lässt man uns auch keine
christlichen Kirchen bauen! Im Ausland lässt man uns auch keine deutschen
Vereine gründen! Im Ausland dürfen wir auch nicht wählen oder gewählt
werden! Im Ausland dürfen wir auch nicht einfach deutsche Zeitungen mit
unseren Meinungen drucken und veröffentlichen! Wir können auch nicht
einfach ins Ausland gehen, um dort zu arbeiten oder Geschäfte zu machen!
Im Ausland werden wir nur abgezockt und müssen das Maul halten!
Mein
Gegenargument:
Weltweit gibt es in 54 Ländern der Erde über 80 deutsche
Kirchengemeinden und KIRCHENGEBÄUDE (evangelisch, katholisch,
freikirchlich), und zwar für die weit über 10 Millionen sogenannten
"Auslandsdeutschen". Das sind z.T. Deutsche, die aus
beruflichen/geschäftlichen Gründen ausgewandert sind und schon seit
Jahren – teilweise seit Generationen - im Ausland leben und dort völlig
normal akzeptiert werden. Es sind aber auch neue "Aussteiger",
die ohne weitere Formalitäten in Europa (und nach Erledigung einiger
Formalitäten in USA und Übersee) arbeiten, leben und sich frei entfalten
können (z.B. jährlich 10 000 deutsche Sprachschüler und Au-Pair-Frauen
in Frankreich, über eine Million deutsche "Häuslebauer" in
Spanien, Italien und Florida, Techniker, Bauleiter, Konstrukteure und
FacharbeiterInnen und Ingenieure weltweit, nicht nur in den arabischen Ländern,
etc. etc.
In 42 Ländern der Erde erscheinen über 200 deutsche oder zweisprachige
Zeitungen, senden 46 Radio- und acht deutschsprachige TV-Stationen,
gemacht von dort lebenden Deutschen, für dort lebende Deutsche oder für
Besucher (Touristen) aus Deutschland. In allen Mitgliedsländern der Europäischen
Union können Deutsche nach gleichen Rechten leben, arbeiten, studieren, wählen
gehen und gewählt werden, eigene Parteien, Gruppierungen oder Vereine gründen.
Weit über eine Million deutscher „Gastarbeiter“ sind derzeit in aller Welt unterwegs. Und wer von denen im
„Gastland“ krank wird, einen Unfall hat, oder arbeitslos ist, bekommt
Krankengeld, Unfallgeld, Arbeitslosengeld und wenn nötig auch
Sozialhilfe! In Spanien und vielen anderen Ländern gibt es eine deutsche
Feuerwehr, deutsche Tierschutzvereine, deutsche Sangesbrüder, in Amerika
deutsche Fußballclubs und Immobilienschutzvereine, in Paris deutsche
Bibliotheken, in Israel deutsche Literaturzirkel, und, und, und... .
Deutschland lebt zu 75 % vom Export seiner Waren ins Ausland. Vier von fünf
Arbeitsplätze in Deutschland hängen von der Zusammenarbeit mit dem
Ausland ab. Würden wir keinen Handel mit dem Ausland treiben, könnten
wir zu Hause statt Rezepte und Gewürze aus aller Welt meistens Kartoffel
und Nudel auf dem Teller haben und uns die wichtigsten Bodenschätze aus
der Nase pulen. Wir unterhalten in über 200 Ländern mehr als 1500
deutsche (Behörden)-Stellen und Organisationen: Vom Sozialamt in Paris
und der Seemannsmission in Rotterdam (für dort – und in aller Welt -
gestrandete oder inhaftierte Deutsche !!!), über Handelskammern und
Konsulate bis zu Wissenschaftsinstituten, Forschungsgruppen. Weltweit
arbeiten über 2000 deutsche Rechtsanwälte, Ärzte, Steuer- und andere
Berater, das alles aufzuzählen bedarf Büchergröße. Über 30 Jahre,
also mehr als die Hälfte meines Lebens, habe ich im "Ausland"
gelebt, geliebt und gearbeitet. Nicht nur als Journalist und in
sogenannten "gehobenen" Stellungen; vorher auch als Kellner und
Koch, als Taxifahrer und Obstpflücker, als Nachtportier und Bauarbeiter
habe ich den "Inländern" meines jeweiligen Gastlandes
Arbeitsplatz, Wohnraum und Frauen "weg genommen". Aber nicht ein
einziges mal wurde ich dafür gemieden, bespuckt, geschlagen, beleidigt
oder ausgestoßen (von verbrannt oder getötet ganz zu schweigen). Im
Gegenteil: Ich habe heute internationale Freunde, in vielen Ländern und
allen Altersstufen. Wir kommunizieren miteinander und besuchen uns
gegenseitig und haben dann immer viel Wein, Weib, Gesang, aber auch
subtile, freundschaftliche Gespräche miteinander. Das alles finden wir
viel geiler, als stumpfsinnig gefrustet und verbissen in Springerstiefeln
den idiotischen Helden zu spielen. Wer sich das alles einmal vor Augen hält,
müsste doch eigentlich gegen Stammtischparolen und Glatzkopfgeschrei
immun sein, oder?
Michael Kuss - www.kussmanuskripte.de
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