Freispruch für Hauptverdächtigen
Madrid (Spanien), 31.10.2007 wikinews – Der Nationale Gerichtshof in der
spanischen Hauptstadt hat heute die Urteile im Prozess gegen die
Bombenattentäter von Madrid verkündet. Bei einem Anschlag auf einen
Nahverkehrszug am 11. März 2004 waren 191 Menschen getötet und 1800
verletzt worden. Dabei waren insgesamt zehn Bomben eingesetzt worden. Für
das Attentat wird eine islamistische Terrorzelle verantwortlich gemacht, die
sich von dem Terrornetzwerk al-Qaida inspirieren ließ. Islamisten hatten
sich zu dem Attentat bekannt und es als einen Akt der Rache wegen der
Beteiligung Spaniens am Irakkrieg bezeichnet. Angeklagt waren insgesamt 28
Personen, sieben von ihnen wurden freigesprochen. Gegen die übrigen
Angeklagten wurden hohe Haftstrafen verhängt, teilweise mehrere tausend
Jahre. In Spanien ist die Höchstdauer für die Verbüßung einer Haftstrafe
jedoch auf 40 Jahre begrenzt. Mit Überraschung wurde der Freispruch des Ägypters
Rabei Osman el Sayed aufgenommen, den die Anklagevertretung als einen der
Hauptverantwortlichen des Attentats angesehen hatte. Die Anklage hatte für
ihn ein Strafmaß von 38.962 Jahren gefordert. Weitere sieben Haupttäter
hatten sich bereits drei Wochen nach den Anschlägen dem Gerichtsverfahren
und einer möglichen Verurteilung durch Selbsttötung entzogen. Als die
Polizei ihre konspirative Wohnung im Madrider Vorort Leganés umstellte,
sprengten sie sich in die Luft. Die Hälfte der 28 verurteilten Angeklagten
stammte aus Marokko, weitere neun kamen aus Spanien. Außerdem waren zwei
Syrer und je ein Täter aus Ägypten, Algerien und dem Libanon unter den
Verurteilten. In der Urteilsbegründung schloss der Vorsitzende Richter
Javier Gómez Bermudez eine Beteiligung der baskischen
Separatistenorganisation ETA ausdrücklich aus. Dafür gebe es keine
Beweise. Die damalige konservative Regierung hatte wenige Tage vor den
Parlamentswahlen die baskische Terrororganisation ETA für die Anschläge
verantwortlich gemacht. Die Angeklagten plädierten alle auf „nicht
schuldig“. Es wird erwartet, dass sie gegen das Urteil Rechtsmittel
einlegen werden. Den zahlreichen Opfern des Anschlages wurden durch das
Gerichtsurteil Ansprüche auf Entschädigungen zwischen 30.000 Euro und 1,5
Millionen Euro pro Person zugesprochen. Die Gerichtsverhandlung fand unter
strengen Sicherheitsmaßnahmen statt. Polizeihunde hatten den Gerichtssaal
zuvor nach Sprengstoff abgesucht, während der Urteilsverkündung kreisten
Hubschrauber über dem Gerichtsgebäude. Der 600-seitige Text der
Urteilsbegründung war bis zuletzt geheim gehalten worden.