Noch immer bestreiten viele Organisationen, insbesondere der Iran und der
antiisraelische Terrorismus, dass die UNO die Staatsgründung Israels
beschließen durfte und Israel anzuerkennen sei.
Die weltmehrheitliche Völkerrechtsposition damals wie heute lautet m.E.
zutreffend: Dass wenn nicht mehr militärische Selbstjustiz die Geschicke
der Völker entscheiden soll, dann sollen es die Vereinten Nationen
entscheiden.
Dass völkerrechtliche Entscheidungen nicht allen Betroffenen gerecht und
lieb sind, sondern ebenso massenhaft Nachteile wie Vorteile bescheren,
selten ideale Kompromisse erzielen, hat einen Grund in der Eile, mit der auf
Erwartungen und Konflikte reagiert werden muss, um weiterer Selbstjustiz
vorzubeugen.
Das gelingt nicht immer. So auch nicht im Konflikt um die Staatsgründung
Israels, aber wie ein Gesetz nicht dadurch seinen Geltungsanspruch verliert,
dass jemand dagegen verstößt, so ist ein Beschluss der Vereinten Nationen
solange Völkerrecht, wie er nicht aufgehoben ist - und jede militärische
Selbstjustiz dagegen völkerrechtswidrig.
Die Kriege und der Terrorismus gegen Israel sind, als würde sich jemand
durch ein Gesetz oder ein Urteil benachteiligt sehen und würde sich deshalb
mit Waffen gegen den vermeintlich oder tatsächlich Begünstigten auflehnen.
Der Rechtspositivismus ist die grundlegende Entscheidung für den
politischen, juristischen, somit zivilen Streit einschließlich der zivilen
Duldung von Nachteilen im Bewusstsein, dass die Nachteile militärischer
Selbstjustiz überwiegen würden.
Für diese rechtspositivistische Auffassung kann zwar behauptet werden, dass
sie weltmehrheitlich ist, aber sobald sich eine Konfliktpartei unmittelbar
benachteiligt sieht, neigt sie zu ausweichenden Rechtsauffassungen,
beispielsweise "naturrechtlichen" oder religiösen, kurzum
eigenmoralischen Legitimationen, die zwar Höhe haben können, aber keine über
die bloße Anschauung und deren Verfechtung hinausgehende
Allgemeinverbindlichkeit, die den Rückschritt in die militärische
Selbstjustiz rechtfertigen könnte, wie es im Nahost-Konflikt
jahrzehntelange Realität ist.
Der Rechtspositivismus ist keine Garantie für Irrtumsfreiheit oder
Gerechtigkeit, weshalb jede Norm einerseits auf Rücknahme oder Reform
kritisch zu hinterfragen bleibt, andererseits Ansporn sein sollte, ihr auf
bestmögliche Weise gerecht zu werden, wenn an ihrem Erhalt Interesse
besteht.
Deshalb sollte Israel besonders auch die israelkritischen Beschlüsse der
Vereinten Nationen achten, zumal Israel seinen staatlichen
Anerkennungsanspruch einzig aus den Beschlüssen der Vereinten Nationen
ableiten kann, keinesfalls etwa aus dem "Land der Väter" und ähnlichen
Idiomen, die allenfalls emotionales, nicht aber rechtliches Gewicht haben können.
Bei allem Plädoyer für den Rechtspositivismus ist unübersehbar, dass auch
mit ihm Missbrauch getrieben wird, denn er ist für den Konformismus und
Untertanengeist instrumentalisierbar. Deshalb sollte dem zivilen Widerstand
rechtlicher Schutz gewährt sein, also gewaltloser Widerstand nicht als
Widerstand gegen die Staatsgewalt strafbar, sondern individuelles und
kollektives Menschenrecht werden.
Sofern sich also Palästinenser durch den israelischen Staat gedemütigt und
in Rechten verletzt sehen, sollten sie den Weg des zivilen Widerstandes
gehen. Aber als Selbstzweck bloßer Verweigerung wäre es kontraproduktiv,
sondern sollte Nachdruck für Verhandlungen sein, mit dem Ziel friedlicher
Kompromisse zum gemeinsamen Vorteil als Alternative zur Fortdauer
gegenseitiger Anfeindung, Gewalt und Zerstörung.
Schließlich würde der Rechtspositivismus daran scheitern können, dass die
Rechtssetzung undemokratisch erfolgt, aber wollte man sich erst dann
zugunsten der Demokratie verhalten, wenn sie makellos und vollkommen wäre,
so käme keine Demokratie voran, wie auch das Recht oder Soziales nicht in
Vollkommenheit abwarten, sondern nur erarbeiten lässt. Darum muss das Recht
der Vereinten Nationen als Völkerrecht gelten, weil sich faireres Völkerrecht
nicht im Waffengängen konkurrierender Nationen finden kann.
-msr- >>
Diskussionen.de