Tausend Glaubensfragen an eine Strenggläubige
Hallo Barbara,
Du glaubst Dich auf der "richtigen Seite"? Und dort gäbe es
"fast" kein AIDS? Das wäre
zweifelsfrei besser als bei der ALLIANZ versichert - und nicht zugleich
ein schlimmer Vorwurf gegen die AIDS-Kranken? Den Leidenden
"fast" wie aussätzig zu stellen? Wäre das christlich? Verhieß
Jesus Gesundheit? Oder doch Erlösung?, was immerhin voneinander
verschieden sein kann.
Und die anderen " schweren
Krankheiten"? Durch gesundes Leben "fast" vermeidbar? Dann lebt es sich schon auf Erden "fast" wie im Paradies? = "Fast" ohne Krankheiten? Ohne
Umweltverschmutzung? Ohne Ebola? Ohne die Folgen des Hungers? Ein
Glaube, der ohne Beschwer ist, weil er die Länder der Armut nicht kennt?
So lebten auch Verwandte von mir: "Durch Gebet >fast< frei von Sünde und Krankheit",
was ihnen "fast" identisch war und "fast" wie Strafe, denn so konstruieren es viele
Religionen: das Leid als Strafe oder wenigstens als Prüfung.
Dieser Glaube half ihnen im Glauben, nicht aber gegen Krebs, woran sie starben.
Und Jesus ohne Sünde?
Menschen taugen nicht als Vorbild? Sodass Ihr Jesus vergöttert, indem ihr ihn entmenscht, obwohl
seine Menschlichkeit ausdrücklich steht? So dass Dein Glaube Auswahl
treibt und diesen Aspekt gering schätzt? Warum diesen? Und welche
anderen? Warf Jesus keine Tische um? Hatte er nie Zweifel an Gott?
Genügt nicht eher doch diese zur Unvollkommenheit neigende Menschlichkeit Jesu, die
solche zu Vorbildern macht, die den Stein nicht werfen?
Die Jesus-Vergötterei verstößt Dir nicht gegen das 1.Gebot? Aus Gründen
der Dreieinigkeit?
Warum dann nicht auch
Einigkeit der Vielgötterei verstehen, die doch mit einiger Kenntnis nur
die Eigenschaften verteilt sehen, die einem göttlichen Prinzip die
einheitliche Summe bilden: Allmacht und Schöpfung, Allwissenheit, Gnade
und Strenge, das Ewige Leben.
Wem auf dem "richtigen Weg" ist, das entscheiden nicht Religionen. Tun das welche dennoch,
lästern sie dann Gott nicht durch ihre Anmaßung?
Auch die Anbetung würde
über die Anmaßung nicht täuschen, wie bei einem Dieb, der
"Bitte" und "Danke" sagt und dabei nimmt, was ihm
nicht zusteht.
Wäre solch Glauben nicht doch
das gescholtene Pharisäertum? Solch Glauben kommt allerorten vor: im Selbstbewusstsein der Besonderheit, erhaben gegen die Sünde und also sich selbst schon das Urteil des Jüngsten Gerichts schreibend.
Die Inbrunst des Gebets, der Schwüre und Selbstbeschwörungen sind keine Gewähr für irgendeine "richtige Seite", denn schon dann gäbe es mehr "richtige
Seiten" in der Vielzahl der Religionen, die sich gegenseitig für "falsch" erklären.
Die Inbrunst des Gebets, die Härten der Entsagung, die Strenge der Gemeinschaft sind das, was
viele Menschen brauchen, denen es an Halt in den Verhältnissen
fehlt, denen die vielen Gemeinschaften zu unwägbar scheinen, in denen
sich jeder Mensch jeden Tag begegnet und behaupten muss: Familie, Straße,
Schule oder Beruf. Die strenge Gemeinschaft hingegen verspricht
Allgegenwart, die sich dadurch herstelle, dass ihre Regeln in jede
Gemeinschaft begleiten.
Dass genau dies vielerorts zu Konflikten führt, auch dafür stellen sie
Glaubensregeln auf, anstatt den Konflikt zu vermeiden: als Preis ihres
Glaubens, ihrer Gemeinschaft - Martyrium als höchstes Zeugnis für
Richtigkeit - im Tod den Weg und danach das versprochene Ziel - im
Gegeneinander der Religionen, so doch letztlich gleich.
In politischer Glaubenskonkurrenz befinden sich einzig die variierenden Ritualisierungen um die selben Prinzipien, also nur im Detail und in allen Varianten selten so einzigartig, wie die einander unwissend Gläubigen vorhalten: die Taufe, die Opferdarbringungen, mit oder ohne Blut, die Darstellungen, die Geschichten und Interpretationen, die Symbole, all jene Versuche der Annäherung, ohne berühren können, zu dürfen, denn jene Christen und Muslime irren auf schlichte Weise, die ihre Einzigkeit annehmend glauben, dass den anderen Religionen die Symbole und Gottdarstellungen zugleich schon selbst Gottheiten seien, denen sie "Götzendienste" leisten würden, wobei sich da nichts unterscheidet von Religion, die sich vor Kreuzen verneigt, zu Heiligen Stätten pilgert oder vor Klagemauern in Gebete entrückt.
Schon die bessere Kenntnis um die Andersgläubigen würde den Vorwurf des Unglaubens oder Falschglaubens mäßigen müssen, es sei denn, man lügt und belügt sich selbst.
Für die Gottanschauungen
der Religiösen sollte nichts anderes gelten als für die Weltanschauungen
der Ideologen gegen alle behauptet:
1. Gott wäre mehr als alle Anschauungen von ihm.
2. Die Welt wäre mehr als alle Anschauungen von ihr.
Macht sich jemand ein Bild von Gott und der Welt, dann sei er sich bewusst, dass es SEIN Bild ist und
längst nicht Gott und nicht Welt oder beides - alles unerreichbar durch
Gebote und durch das jeweilige Wissen, woraus das Gewissen ist - und
insgesamt wieder "Anschauung", ob die Gebote nun göttlichen
oder menschlichen Ursprungs sind, was sich in der praktischen Antwort des
Streits nur durch Polemik einander entfremdet, denn dem Atheisten ist Gott
von Menschen und dem Gläubigen ist der Mensch von Gott - und damit
"eins" aus jeglicher Perspektive. Darum entscheiden die
Werke und wer den Stein wirft oder wer die Hand reicht und zu welchem
vorderen und hinteren Zweck.
Noch einmal die Frage: Was unterscheidet Deine Gottanschauung von dem
Glauben anderer? Die Pflicht zur Redlichkeit, Sittlichkeit und
Gehorsam, die Allmacht und Schöpfung, die Allwissenheit und Herrlichkeit,
die Gnade und Strenge, das Ewige Leben? - Sind Dir das die Wichtigen
Fragen, auf die Dir Dein Glaube Antwort gibt? Und worin unterscheidet sich
dann die Antwort, wenn sie schon gleich sind mit den Fragen und gleich in
allen Religionen?
Oder worauf kommt es auf Nebenfragen an? Und dass sich aus Nebenfragen ergebe, ob es der "richtige Glaube" sei mit allem verheißenen Lohn?
Und die Wahrheit an sich? Ist sie Dir Glaube? Auch das wäre "normal".
Die menschlich größte Wahrheit ist der Zweifel und statthaft, weil die blinde Gefolgschaft keine Liebe wäre, zu deren Wesen die permanente Erneuerung des Bundes und Glücks darin gehört, jedoch kein Bund wie eine Kette am Hals oder ein Rettungsboot, in dem man sich zwangsweise eint, sondern in Freiwilligkeit/Freiheit, durch die allein die Liebe ihren vollkommeneren Ausdruck findet als in Pflicht oder Treue.
Und der Gehorsam taugt allenfalls als Suche, wo die Liebe nicht reicht.
Also erweist sich der
Glaube als Liebe gedacht zugleich, dass die Gemeinschaft nicht
aufdringlich ist oder Aufdringlichkeit fördert. Vielmehr besteht Liebe
neben dem Glück durch Nähe auch aus dem Glück durch Verzicht -
wie die Menschenliebe zum Tier, zur Natur nicht einzig darin ist, dass der
Mensch ihr zu Leibe rückt, sondern im möglichst verträglichen Maß nur
gewünschte oder sinnvolle Nähe wünscht, frei, Freiheit des/der
Geliebten wahrend.
Doch die Inbrunst der Aufdringlichkeit erscheint mir letztlich ohne Liebe
außer derjenigen zu sich selbst, die für sich genommen kaum die Hälfte
von Liebe ist.
Darum prüfe Dich in Deinem Glauben, wem sie gilt, was sie bezweckt, bewirkt. Halte Dir die Sinne frei für Fragen, frei für die Erneuerung von Augenblick zu Augenblick und wahre Dir Ruhe, Pausen, die jeder Mensch und jede Freiheit braucht. Nur dann sehe ich Dich nicht im Sektenwahn.
Grüße von Sven
Redaktion
Anm: diesen Brief werde ich nachbessern, bis er mir gefällt, denn
"Zeitzeugnisse" gibt es mehr als genug und man sollte ruhig auch
versuchen, sich der Verhaftung der Zeit ein Stück zu entziehen, denn viel
gelingt ohnehin nicht.
Hallo Barbara,
Du hältst Deine Gläubigkeit nicht für eine Abspaltung des Christentums? Der Adventismus sei aus dem Judentum hervorgegangen?
Dann wäre Deine Bibel ohne Neues Testament und Du hättest Mühe von Jesus als Messias zu sprechen, der immerhin der jüdischen Religion nicht zum Messias wurde.
Wie definierst Du "Christen"? Gewöhnlich doch wohl so: In religiöser Nachfolge Christi lebend.
Dann würdest Du mit Deiner Abstammungsthese entweder die Christen verleugnen, auf deren Betreiben immerhin das Neue Testament auf kaiserliche Anordnung und Auswahl zustande kam oder Du weißt dies schlicht nicht und die Bibel in ihren Teilen sei aus Christi Lebenszeit in die Erweckungen des 19. Jahrhunderts gebeamt.
Wenn Dir der Sabbats als jüdisches Glaubensmoment bei den christlichen Kirchen im "Wie" zu kurz kommt, dann hat Dir das mehr Unterscheidungskraft als das "Ob" des messianischen Jesus?
Dein Abstammungsglaube unter Aussparung des Christentums steht eher dafür, über vergleichsweise Geschichtslosigkeit der Adventisten hinwegzutäuschen, wozu sich nur veranlasst sehen kann, dem die Geschichtslosigkeit ein Legitimationsproblem ist, denn Glaube als Erfindung ist sich selbst nicht geheuer und je älter die Wurzeln, desto besser, damit es sich der Beurteilung entziehen.
Glaube Dialog statt Mission Glauben und Wissen Glaube und Zweifel
Agnostizismus, Atheismus, Antitheismus, Naturalismus, Glaubensgastfreundschaft
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