von Sven Redaktion am
        10.Feb.2004 17:03  
         
        Hallo H., 
         
        wir haben Dein Web schon seit vielen Jahren verlinkt, als es noch unter
        ganz anderer Domain lag. 
         
        Du hast recht: Von Dialog spricht jeder, das besagt noch nichts. -
        Stimmt. In vielerlei Hinsicht: 
         
        1. mit Dialog allein lassen sich nur die wenigsten Probleme lösen, 
         
        2. der Dialog ist in seiner Sinnhaftigkeit allgemein anerkannt, aber
        dennoch wird er oft genau dann nicht praktiziert, wenn er wichtig wäre.
        Beispielsweise in der Auseinandersetzung mit dem Extremismus, aber auch
        auf internationaler Ebene, wo es noch immer dazu kommt, dass
        diplomatische Beziehungen abgebrochen werden, wenn man sie besonders
        brauchen würde, um Konflikte zu vermeiden oder besser unter Kontrolle
        zu halten, frühzeitiger zu beenden. 
         
        Ich halte den Dialog-Abbruch für ein politisches Versagen, die auf
        einer Verantwortungslosigkeit beruht, die den Akteuren in eigenen
        Angelegenheiten mit persönlichen Risiken niemals auch nur in den Sinn käme
        >> Wem sein Kind entführt wird, würde in Kontakt mit den Entführern
        bleiben, gleichgültig wie verbrecherisch diese auch sind. Anders in der
        Politik: da haften andere, da werden andere von Bomben getroffen. 
         
        3. der Dialog ist in seiner Sinnhaftigkeit allgemein anerkannt, aber das
        bedeutet längst nicht, dass man sich verdeutlichte, was Dialog in
        seinem Wesen sei. 
         
        Mir ist der Dialog Mehrfaches, mal Einzelaspekt, mal zusammentreffend: 
         
        a) Dialog als Kontakt/Kommunikation mit Gedanken (im Unterschied zum
        Waffengang, der nur Information einer Sorte kommuniziert: "ich
        kann/will Dich zerstören"), 
        Dialog also als zivile Verständigungschance, während Gewalt ein
        Erpressungsweg ist, oftmals scheinbar unumgänglich, aber daran darf es
        zumindest keine Beschönigung geben, denn das vermeintlich
        "Kleinere Übel" bzw. die behauptete "Ultima Ratio"
        ist im Krieg stets nur wahr für die Täter und absolut nie für die
        Opfer, 
         
        b) Dialog als eine Erkenntnismethode unter mehreren (Experiment,
        historische Erfahrung), 
         
        Solch Dialog muss zwangsläufig "ergebnisoffen" sein und
        Entsprechungen im Handeln haben, denn ansonsten wäre Dialog nur
        Propaganda. 
        Einzig zulässige Prämisse darf sein, dass der Dialog sich selbst
        sowohl als Methode und Ziel begreift, also die zivile Streitbeilegung
        als jeweils höchstes Ziel. 
         
        Ergebnisoffen ist mir solch Dialogbegriff trotzdem auch im Hinblick auf
        Gewalt, wenn diese einem gemeinsam höheren Recht verpflichtet bleibt:
        Erforderlichkeit, Geeignetheit, Verhältnismäßigkeit. 
         
        Erkennungsmerkmal der Legitimität "höheren Rechts" ist sein
        demokratisches Zustandekommen unter Wahrung des jedermann
        nachvollziehbaren Prinzips, dass es niemandem zumute, was man sich nicht
        auch selbst zumute, woraus sich auch Mehrheiten/Stärkere den
        Minderheiten/Schwächeren verpflichten. 
         
        Diese Zumutbarkeit ist wegen ihrer Subjektivität nur Indiz, nur ein
        Versuch der Annäherung an das Gleichheitsprinzip, das dem
        Demokratieprinzip immanent und doch auch Grenze ist. 
         
        Du fragst nach den "Hintergründen" unserer vielen Seiten: 
         
        1. Der "Wie-Hintergrund" ist also der Dialog, der Methode und
        Ziel dieser Webseiten ist. Du findest das unter www.Dialogie.de 
         
        2. Der "Was-Hintergrund" ist Sache jedes Einzelnen. Über
        www.Dialog-Lexikon.de und Foren versuchen wir Sortierungen. 
         
        3. Der "Wer-Hintergrund" ist die www.Initiative-Dialog.de ,
        kein Verein, sondern überparteiliches und gewachsenes Nebeneinander-
        und Zusammenwirken von Leuten, die spontan oder bewusst im dialogischen
        Konzept politische Ziele verfolgen. Das werden nun nicht "beliebige
        Leute" sein, denn die Webseiten sparen nicht an Positionierungen
        und deshalb scheidet die Mitwirkung für viele aus. 
         
        Überparteilich, denn solch Dialog-Verständnis findet sich in jeder
        Partei, in jeder Religion und Ideologie, allerdings mit erkennbar
        unterschiedlicher Verbreitung und Ernsthaftigkeit. 
         
        Du fragst nach der "Ausrichtung". Der Dialog ist Ausrichtung.
        Aber gefragt ist mit Ausrichtung sicherlich der politische Standort des
        Projekts als Ganzem im Spektrum von Religionen, Ideologien und Parteien. 
         
        Vollkommen klar, dass für den Erst-Betrachter von Vorteil wäre, wenn
        auf unseren Seiten im Impressum beispielsweise "katholisch"
        oder "drei Plätze von Müntefering und drei Plätze von Gysi
        entfernt". Der Vorteil solcher Einordnungen liegt darin, dass er
        auf seine politischen Erfahrungen zurückgreifen könnte, aber solch
        Vorteil haben wir nicht zu bieten, denn zumindest ich sehe da nirgends
        einen "Fels", der unverrückbar wäre, wenn beispielsweise zu
        Kriegen gerufen wird oder wenn Wahlen anstehen und Image-Berater den
        "Hintergrund" für die Machtinteressierten bilden. 
        Der Streit um die bessere Politik ist immer neu und unausweichlich. Und
        was als richtiges Prinzip erkannt und sogar Gesetzesform erlangt, wird
        sich nur selten behaupten, jedoch auch deshalb, weil es in vielem
        unausgereift ist, um widerstreitende Interessen zivil zu bändigen. 
         
        Die Überparteilichkeit ist zudem etwas, das für die demokratische
        Kultur unabdingbar koexistieren und aktiv sein muss. An der Mitwirkung
        von Parteien in überparteilichen Bürgerinitiativen wiederum lässt
        sich erkennen, wie es um die Selbstverständnisse von Parteien und
        Mitgliedern bestellt ist. 
         
        Das war jetzt keinesfalls ein Plädoyer dafür, dass Parteien es bei uns
        zu tun hätten, sondern Lob für solche Politiker, die in überparteilichen
        Initiativen auch im Sinne der Überparteilichkeit mitzuwirken verstehen.
        Missverstehe das niemand als lasches "Rechts=Mitte=Links-Geblubber",
        sondern in die Richtung, dass niemand durch seine Etiketten und
        Bekenntnisse mehr ist, als er treibt. Und da schauen wir hin: wie die
        Menschen leben und auf Kosten von wem oder was. 
         
        Ich denke, dass Dir meine Antworten nur wenig geholfen haben. Auch wir
        sind kein "Fels" und für eine bessere Welt streiten Menschen
        seit Tausenden von Jahren. Die Welt wäre jedoch zweifellos schlechter,
        hätten sie es nicht getan. 
         
        Deinem Webprojekt wünsche ich jedenfalls weiterhin viel Erfolg. Ich
        kann einigermaßen abschätzen, welche Arbeit darin steckt und es ist
        eine Leistung, dass es wie kein anderes Web gute Initiativen verbindet. 
         
        Verlinkt bist Du also bei uns schon lange und ich nenne jetzt hier im
        Forum nur deshalb Deine URL nicht, weil Du ganz unberührt sein sollst,
        denn es gibt zu viel Kritik an uns und damit solltest Du Dich durch Rückverlinkung
        nicht belasten. 
         
        Solltest Du persönlich zu erfahren interessiert sein, wohin
        beispielsweise ich als Webmaster neige, wenn es konkret wird, dann genügen
        dafür m.E. folgende Titelseiten: 
         
        www.worldrevolution.net 
         
        www.friedensforschung.de 
         
        www.maxime.de , die dann allerdings wieder sehr allgemein, aber im
        Internet den uns am meisten zitierenden Anspruch enthält. 
         
        Du kannst sehen, dass auch wir recht fleißig sind, dass wir im Internet
        mit Domains so reichlich aufgestellt sind, dass wir schon durch
        Innenverlinkung auf unsere "Millionen" kommen, aber RTL
        schafft mehr an einem Abend als wir in fünf Jahren. Und trotzdem ist es
        uns schon so viel, dass wir unsere Ansprüche nur in sehr, sehr geringem
        Maße verwirklichen können, dass wir also allenfalls zum Dialog
        anstiften möchten, ihn aber selbst überhaupt nur minimal realisieren können.
        Deshalb muss auch solch eine Antwort an Dich zwar anonymisiert, aber öffentlich
        sein, damit sie vielleicht auch anderen Antwort ist, wer "wir"
        sind bzw. sein möchten: kein Club, sondern Sammelsurium von
        redaktionellen Zusammenschlüssen, Einzelaktivitäten, Ideen mit möglichst
        Spaß daran auch für uns selbst und Sinn für Sinnvolles. 
         
        So banal möchte ich es jedoch jetzt nicht enden lassen, sondern eher
        mit: "Wer sagt, mit denen kann man nicht reden, der sagt, mit
        Menschen kann man nicht reden. Hätte er gesagt: Ich weiß nichts zu
        reden!, so hätte er wenigstes die Wahrheit gesagt." - Und wer
        miteinander reden kann, sollte sich nicht zu rasch einig sein. 
         
        Gemeinsamkeit genießen und Kritikfähigkeit wahrend, Verschiedenheit
        ertragend und ebenfalls genießend, denn so ist der Mensch: in Einheit
        seiner Individualität und Sozialität, darin hin- und hergerissen und
        wahrscheinlich sollte nichts davon ein Mehrgewicht haben. 
         
        Nun hast Du allerdings nur meine "Ausrichtung" = meine Sicht
        auf die Dinge und die Initiative-Dialog. 
        Andere sehen es anders, haben andere Schwerpunkte. Die Welt ist mehr als
        alle Anschauungen von ihr. Mit keinem auch der kleinsten Teile kann das
        anders sein. 
         
        Grüße von Sven 
        webmaster  www.inidia.de  
       
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