NahostQuartetts20060509

Erklärung des Nahost-Quartetts – 9. MAI 2006

Die Vertreter des Quartetts – der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Kofi Annan, der Außenminister
der Russischen Föderation, Sergej Lawrow, die Außenministerin Österreichs, Ursula Plassnik, die Außenministerin
der Vereinigten Staaten von Amerika, Condoleezza Rice, der Hohe Vertreter für die Gemeinsame
Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union, Javier Solana, und die Europäische Kommissarin
für Außenbeziehungen, Benita Ferrero-Waldner – sind heute in New York zusammengetroffen, um die Lage
im Nahen Osten zu erörtern. Das Quartett traf außerdem mit dem Außenminister Ägyptens, Ahmed Aboul
Gheit, dem Außenminister Jordaniens, Abdelelah al-Khatib, und dem Außenminister Saudi-Arabiens, Saud
al-Faisal, zu einem Meinungsaustausch über regionale Fragen zusammen.

Das Quartett dankte James Wolfensohn für seine Dienste als Sondergesandter des Quartetts für die
Entflechtung in Gaza und nahm Kenntnis von seiner zentralen Rolle beim Abschluss des Abkommens über
die Bewegungsfreiheit und den Zugang sowie bei der Verkündung einer Agenda für die Erholung der palä-
stinensischen Wirtschaft.

Das Quartett unterstrich seine fortgesetzte Bindung an die Grundsätze der Partnerschaft und der Verhandlung
zur Herbeiführung einer Zwei-Staaten-Lösung, wie sie im "Fahrplan" festgeschrieben ist. Da die
Parteien in bestimmten Schlüsselbereichen nicht aktiv geworden sind, ist die Umsetzung des "Fahrplans"
ins Stocken geraten. Das Quartett unterstrich, dass beide Parteien Handlungen vermeiden müssen, die Fragen
betreffend den endgültigen Status präjudizieren oder Fortschritte in Richtung auf dieses Ziel untergraben
könnten.

Das Quartett brachte erneut seine ernste Besorgnis darüber zum Ausdruck, dass die Regierung der
Palästinensischen Behörde sich bislang nicht zu den Grundsätzen der Gewaltlosigkeit, der Anerkennung
Israels und der Akzeptanz der früheren Vereinbarungen und Verpflichtungen, einschließlich des "Fahrplans",
bekannt hat. Das Quartett stellte fest, dass sich das Ausbleiben eines Bekenntnisses zu den genannten
Grundsätzen unweigerlich auf die Direkthilfe für diese Regierung ausgewirkt hat, und bekundete seine
tiefe Besorgnis über die Folgen für das palästinensische Volk. Die Geber erklärten sich bereit, auf die Wiederaufnahme
der internationalen Hilfe für die Regierung der Palästinensischen Behörde hinzuarbeiten, sobald
diese sich zu den Grundsätzen bekannt hat.

Das Quartett erörterte die aktuelle Lage in Israel und im Westjordanland sowie in Gaza. Es verurteilte
die Tatsache, dass die Regierung der Palästinensischen Behörde keine Maßnahmen gegen den Terrorismus
ergriffen und den Selbstmordbombenanschlag am 17. April in Tel Aviv gerechtfertigt hat. Das Quartett forderte
die Regierung der Palästinensischen Behörde nachdrücklich auf, entschieden gegen den Terrorismus
vorzugehen und der Gewalt ein Ende zu setzen. Das Quartett nahm zur Kenntnis, dass Präsident Abbas den
Anschlag vom 17. April ebenso verurteilte, wie er konsequent alle terroristischen Handlungen in der Vergangenheit
verurteilt hat.

Das Quartett bekundete seine Besorgnis über die israelischen Militäroperationen, die unschuldige
Menschenleben fordern. Das Quartett fordert Zurückhaltung und bittet Israel, die potenziellen Folgen seines
Handelns für die Bevölkerung zu bedenken. Das Quartett verlieh seiner Besorgnis über die Ausweitung
der Siedlungstätigkeit Ausdruck. Es nimmt weiterhin mit Besorgnis Kenntnis von dem Verlauf des Sperrzauns,
insbesondere in Anbetracht dessen, dass er die Beschlagnahme palästinensischen Grund und Bodens
zur Folge hat und den Personen- und Güterverkehr abschneidet. Das Quartett erklärte erneut, wie wichtig es
ist, dass beide Seiten einseitige Maßnahmen vermeiden, die Fragen betreffend den endgültigen Status prä-
judizieren.

Das Quartett erörterte die humanitäre Lage im Westjordanland und in Gaza. Es bekundete seine ernsthafte
Besorgnis über die sich verschlechternden Bedingungen, insbesondere in Gaza. Das Quartett äußerte
sich besorgt über die Leistung humanitärer Hilfe, das wirtschaftliche Leben, den sozialen Zusammenhalt
und die palästinensischen Institutionen. Das Quartett bekundete erneut seine Unterstützung für Hilfe, die 
die menschlichen Grundbedürfnisse des palästinensischen Volkes decken und die palästinensische Demokratie
und Zivilgesellschaft fördern helfen soll, und appellierte an die internationale Gemeinschaft, auf
Hilfsersuchen der im Westjordanland und in Gaza aktiven internationalen Organisationen, insbesondere der
Organisationen der Vereinten Nationen, umgehend zu reagieren. Das Quartett legte beiden Parteien eindringlich
nahe, konkrete Schritte zu unternehmen, um ihre Verpflichtungen nach dem Abkommen über die
Bewegungsfreiheit und den Zugang zu erfüllen.

Unter Hinweis auf seine Zusicherung vom 30. Januar, Rücksicht auf die Bedürfnisse des palästinensischen
Volkes zu nehmen, bekundete das Quartett seine Bereitschaft, einen vorübergehenden internationalen
Mechanismus von begrenztem Umfang und begrenzter Dauer zu billigen, der mit voller Transparenz und
Rechenschaftspflicht operiert und die direkte Erbringung von Hilfe für das palästinensische Volk gewährleistet.
Können diese Kriterien erfüllt werden, soll der vorübergehende internationale Mechanismus seine
Tätigkeit möglichst bald aufnehmen und nach drei Monaten im Hinblick auf seine Fortführung überprüft
werden. Das Quartett begrüßte das Angebot der Europäischen Union, einen solchen Mechanismus zu konzipieren
und vorzuschlagen. Es bittet die anderen Geber und internationalen Organisationen, ihre Mitwirkung
an einem solchen Mechanismus zu erwägen. Es legte Israel eindringlich nahe, parallel dazu Schritte
zu unternehmen, um die humanitäre Lage des palästinensischen Volkes zu verbessern. Das Quartett erklärt
erneut, dass die Regierung der palästinensischen Behörde ihrer Verantwortung in Bezug auf die menschlichen
Grundbedürfnisse, einschließlich der Gesundheitsversorgung, und für eine ordnungsgemäße Finanzverwaltung
und Bereitstellung von Dienstleistungen nachkommen muss.

Das Quartett begrüßte die Forderung von Ministerpräsident Olmert nach Verhandlungen mit einem
den Grundsätzen des "Fahrplans" verpflichteten palästinensischen Partner als der stabilsten und erstrebenswertesten
Grundlage für den politischen Prozess. Das Quartett begrüßte das fortgesetzte Bekenntnis
von Präsident Abbas zu einer Plattform des Friedens. Das Quartett ist durch diese Absichtserklärungen ermutigt.

Schließlich bekräftigte das Quartett sein Bekenntnis zu seinen früheren Erklärungen sowie zu einer
gerechten, umfassenden und dauerhaften Regelung des Konflikts auf der Grundlage der Resolutionen 242,
338, 1397 und 1515 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen. Das Quartett wird mit der Angelegenheit
befasst bleiben.

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