Israelische Militäraktion im Gaza  20060628

In der vergangenen Nacht rückten ca. 5000 israelische Soldaten mit Panzern und Bulldozern in den Gazastreifen vor. Mit Luftangriffen wurden drei Brücken und das Elektrizitätswerk von Gaza-Stadt zerstört.

Der Aufmarsch an den Grenzen war gestern unter den Augen der Weltöffentlichkeit abgeschlossen worden und so kommentiert, dass der "Druck auf die Entführer" erhöht werden solle. Hintergrund ist die Entführung eines israelischen Soldaten durch "palästinensische Extremisten".

Extremistische, terroristische Palästinenser gibt es viele, andererseits sind es oft keine "Palästinenser", sondern antiisraelische Terroristen aus anderen Staaten, die sich die Palästinenser-Vertretung anmaßen, was Israel wiederum unkritisch aufgreift, um Maßnahmen in den Palästinensergebieten leichter zu rechtfertigen.

Die israelische Regierung erklärt, dass sie den palästinensischen Behörden zwei Tage zur Befreiung oder Freilassung des entführten Israelis gewährt habe, die nun verstrichen seien. Die Brückensprengung soll die Verschleppung des Israelis nach Ägypten verhindern. Die Bombardierung der Elektrizitätswerke ..., Gründe finden sich immer.

Brücken lassen sich anders sichern, Terroristen nehmen andere Wege und kommen auch ohne Straßenbeleuchtung aus.

Der erklärte Zweck einer Geiselbefreiung wäre heilig, aber ist es durch unheilige Mittel nicht. Das Leben der Geisel wird nicht sicherer.

Stattdessen scheint es um die Zerschlagung letzter Autonomie-Strukturen zu gehen. Die nächsten Tage werden es zeigen. Auch die Zeit danach: Wer baut die Brücken, wer baut das Elektrizitätswerk wieder auf, wer beseitigt die Schäden? Was denken die Israelis? Was denken die Palästinenser?

Nachträge Nacht zum 29.6.:

- Von Seiten antiisraelischer Extremisten werden trotz der Invasion weitere Geiselnahmen behauptet. Und sie brüsten sich, einen im Westjordanland entführten israelischen Siedlers mit Namen Eliahu Ascherir ermordet zu haben. Er sei 18 Jahre alt gewesen.

- Aus anderen Quellen verlautet, dass die israelische Armee im Nord-Gaza die Menschen zum Verlassen der Häuser auffordere. Angriffe stünden bevor.

- Im Süd-Gaza (Chan Junis) sei ein Trainingslager von Hamas-Kämpfern bombardiert. Ob die bisherigen Militäreinsätze Todesopfer zur Folge hatte, fehlen zur Stunde Informationen.

- Die Universität von Gaza-Stadt wurde bombardiert. Tote gebe es dort nicht.

- Israelische Kampfjets überflogen angeblich einen Palast des syrischen Präsidenten, der im Verdacht stehe, einen der Drahtzieher der Entführung zu decken, was ebenso dementiert wie behauptet wird. Aber die israelischen Kampfjets flogen bereits und die syrische Artillerie feuerte nach ihnen.

- Angeblich verhaftete das israelische Militär in Ramallah und im gesamten Westjordanland etwa 30 Palästinenser-Funktionäre festgenommen worden. Unter ihnen mehrere Regierungsminister und der stellvertretenden Ministerpräsident der Hamas-Regierung Nasser Schaer.

- Auch in Jerusalem gebe es Razzien und Festnahmen von Hamas-Abgeordneten.

Unterdessen ermahnten die EU, die USA und zahlreiche Staaten die Streitparteien zur Mäßigung und Rückkehr auf den Verhandlungsweg.

Zu welchen Reaktionen sich hingegen der Iran und andere Staaten mit antiisraelischen Reserven hinreißen lassen werden, wird nicht lange auf sich warten lassen und die sicherheitspolitischen Anstrengungen weltweit zurückwerfen. - Mit ungewissem Geiselschicksal. - Krieg kann auf Terrorismus keine Antwort sein.

-Sven-20060628


www.inidia.de/friedensverhandlungen.htm

Nahost-Konflikt  Dialog-Lexikon