Hallo Fridolin,
wenn "Säkularismus" eine übersteigerter
Atheismus
wäre, so
wäre er als "religionsfeindlich" vorstellbar,
aber mir sind
Säkularität und Atheismus schon zweierlei und auch den Atheismus gibt es
von "wohlwollend", über "neutral" bis hin zur
"Feindlichkeit". (siehe Atheismus
)
"Säkular" heißt doch zunächst mal nicht anderes als "weltlich" und meint, dass ein Recht, welches sich Kirchen gegenüber ihren Anhängern vorbehalten, nicht auch auf die Gesellschaft Anwendung finden soll.
Durch den säkularen Staat gewährleisten die unterschiedlichen Konfessionen, dass sie miteinander Frieden
halten. Dazu darf ihr gesellschaftliches Mitspracherecht nicht weiter reichen als es in gleichweites Mitspracherecht anderer Religionsgemeinschaften eingreifen würde.
Der säkulare Staat ist in der Bundesrepublik Deutschland nicht vollständig realisiert, denn schon durch die verfassungsgemäße Vorrangstellung der beiden christlichen Großkonfessionen werden andere Religionen benachteiligt.
Es ist undurchführbar, solche Benachteiligungen dadurch auszugleichen, dass nun sämtliche Kirchen die gleichen Privilegien genössen, denn dadurch würde (drastisch bebildert) jeder Fußballverein zur Religionsgemeinschaft: selbst von Steuern befreit und die Vereinsbeiträge nun als "Kirchensteuer" durch den Staat beigetrieben.
Rechtliche Gleichheit in einem säkularen Staat müsste die Privilegien der beiden christlichen Großkonfessionen abschaffen und also nicht auf andere Konfessionen auszudehnen versuchen.
Ein solcher Staat wäre nicht "religionsfeindlich", sondern "religionsneutral", wozu er sich durch die
Artikel 2, 3, 4, 7 im
Grundgesetz
verpflichtet.
Der freiheitlich-demokratische Rechtsstaat darf sich in solchen Fragen nicht einzelnen Religionen beugen, auch wenn diese 99 Prozent der Bevölkerung hinter sich hätten, weil die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit ein Grundrecht ist, das allen in gleicher Größe gewahrt sein muss - dem Einzelnen wie einer
beliebig großen Mehrheit, denn selbst bei Einstimmigkeit würde die Freiheit für denjenigen verletzt, der anderen Glaubens werden
wollte.
Die Hindernisse auf dem Weg zum säkularen Gemeinwesen:
1. Die christlichen Großkonfessionen haben viel Macht und Einfluss über ihre Mitglieder in praktisch allen Bereichen der Gesellschaft. Und diese würden sich der Säkularisierung widersetzen.
Sie tun dies entweder, weil sie a) sich des grundgesetzlichen Widerspruchs nicht hinreichend bewusst sind oder b) weil sie einfach
Opportunisten sind oder c) aus pragmatischen Motiven, denn
2. die christlichen Großkonfessionen besorgen in der Bundesrepublik eine Fülle von sozial und kulturell unverzichtbaren Aufgaben: Krankenhäuser, Seelsorge in Krisen und vor dem Tod, Bestattungswesen, nicht auch zuletzt die vielen Kirchengebäude.
All diesen Aufgaben könnten die beiden Großkonfessionen nicht mehr genügen, wenn ihnen die Kirchensteuer nicht mehr staatlich zugetragen würde.
Allerdings heißt "unverzichtbar" nicht, dass die Zuständigkeit der Großkonfessionen damit "unaustauschbar" wäre, so dass die Trägerschaft notfalls wechseln müsste.
Grüße von Sven
20030527
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