innerer Frieden

Unter "innerem Frieden" wird in Diskussionen zumeist der "seelische Frieden" des Einzelnen begriffen, während für den innenpolitischen Frieden der Begriff "Innere Sicherheit" geläufiger ist.


Hallo M.Z.,

ich halte den Wunsch nach "innerem Frieden" für sehr legitim, obwohl ich ja andeutete, dass ich auch "innerem Unfrieden" viel abgewinnen kann.

Darin sind die Menschen schon unterschiedlich und das macht nichts, solange sie es miteinander gut meinen.

Dann stellt sich noch die Frage, was die Bedingungen für den "inneren Frieden" sind:

Mein Haus, mein Hund, mein Auto, ... - reicht vielen. Kein Haus, kein Hund, drei Autos oder nur die Seele frei von jeglichem Erdenstaub - reicht anderen.

Und wieder andere brauchen zum "inneren Frieden", dass es in Kalkutta Schulen gibt, Wale in den Ozeanen und keinen Tierversuch.

Der "innere Frieden" ist solchen nicht möglich, sogar verpönt, solange der von ihnen wahrgenommene Weltfehler nicht ausgebessert ist.
Und daraus ist eine Menge positives Engagement gegen die "Gleichgültigkeit", die ebenfalls eine Art "innerer Frieden" anderer ist.

Und schließlich sind da noch welche, die ihren "inneren Frieden" gerade daraus ziehen, dass sie anderen jeden Frieden vorenthalten.

So konkurrieren die Vorstellungen vom "inneren Frieden" ganz beträchtlich und viele sagen: "Ach, lass mich damit in Frieden!"

Schon die vielen gegensätzlichen "inneren Frieden" zeigen, dass der "innere Friede", so weit er auch verbreitet wäre, nicht zum "politischen Frieden" genügt, es sei denn, dass eben entgegen aller Behauptung von der politischen Bedeutung des "inneren Friedens" dieser nur Spiegelbild eines "äußeren Friedens" wäre. 

Ich würde ganz platt sagen: innerer und äußerer Friede haben so viel miteinander zu tun wie Freiheit und Frieden, können letztlich nicht gegeneinander stehen, aber sind sich verschieden.

Freiheit als "statthafte Unordnung",
Frieden als "Ordnung".

"Innerer Frieden" ist letztlich, so schade das nach all der Erörterung erscheinen mag, nichts anderes sein als "Zufriedenheit", 
unweigerlich subjektiv und damit zugleich unweigerlich abhängig von der Ordnung des "äußeren Friedens", denn:

Auch die Rede des Mönchs schafft nur dann "inneren Frieden", wenn sie den Menschen mit dem "äußeren Frieden" bzw. Unfrieden zu arrangieren vermag (wenn er es nicht schon vorher aus Gleichgültigkeit war).

Das kann ein Stück sinnvoll sein, damit sich Menschen nicht verheizen, wie ich manchmal hier:-), aber auf die Masse der Menschen bezogen kann das auch Entpolitisierung bedeuten. Es kommt eben auf den Inhalt der Rede an. 

Nun möchte auch ich die Menschen nicht auf die Barrikaden jagen oder in den Herzinfarkt, aber politisieren möchte man schon, nur vom Polarisieren halte ich wenig, weil jeglicher Friede, ob "innen" oder "außen" doch wesentlich darauf zielt, das Gemeinsame zu finden oder zumindest das Konkurrierende nur nach gemeinsamen Regeln agieren zu lassen. 

Und dafür, wie diese Friedensregeln in Kleinarbeit zu finden sind, darf es eben nur Regel geben: Niemand mute jemandem zu, was er sich selbst nicht zugemutet sehen mag. 

Erst da trennen sich Spreu und Weizen. Und dann sperrt man tunlichst auch mal welche ein, die nach anderen Regeln ihre Regeln schaffen wollen.

Das ist zugleich auch ein Grund, weshalb ich die Frage von Rechtsextremisten für legitim halte, "was ein Deutscher in der Türkei darf", sondern in zweierlei Weise korrigieren: 

1. "Was würdest Du in der Türkei dürfen wollen? Dann solltest Du das hier nicht verbieten, weil sich sonst in der Welt nichts verbessert."

2. "Niemand ist gegenüber intoleranten Menschen zur Toleranz verpflichtet, aber wer mehr Toleranz will, dessen Schritte müssen auch diese Richtung haben." 

Deshalb bin ich immer etwas toleranter zu den Intoleranten als die Intoleranten zu mir (wären), wenn sie das Sagen hätten.
 
Grüße von Sven2003

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