Nukleare Teilhabe

Unter "nuklearer Teilhabe" wird verstanden, dass Deutschland und andere Nato-Staaten, die den Atomwaffensperrvertrag als Atomwaffenverzichtsstaaten unterschrieben, über Planungsstäbe, Infrastrukturkooperation an Atomwaffen verbündeter Atomwaffenstaaten "teilhaben".

Vertragsbruch

Wäre es tatsächlich "Teilhabe", so wäre es ebenso tatsächlich ein Bruch des Atomwaffensperrvertrags, den die Bundesrepublik Deutschland am 28.11.1969 unterschrieben hat. Es wäre ein Vertragsbruch sowohl der "teilhabenden" als auch der "teilüberlassenden" Vertragsstaaten.

Vertragsverletzung

Da sich jedoch die verbündeten Atomwaffenstaaten den alleinigen Oberbefehl über die Atomwaffen vorbehalten, stellt die "Nukleare Teilhabe" vielleicht "nur eine  Vertragsverletzung" dar.

Konsequenz

Ob Vertragsbruch oder Vertragsverletzung - beides müsste sofort endigen, aber bislang setzte sich keine bundesdeutsche Regierung für vertragskonformes Verhalten ein, auch nicht die zwischenzeitliche rot-grüne Regierung unter Schröder und Fischer, sondern fühlen sich beobachtbar geschmeichelt, an Beratungen beteiligt zu sein -  in der "Nuklearen Planungsgruppe der Nato"

Nüchtern betrachtet

Wären die "Möchtegern-Atomwaffen-Teilhaber" ehrlich, so würden sie gestehen, dass es a) keine Teilhabe sein darf, b) ihnen keine Teilhabe gewährt wird, c) die Atomwaffenmächte um solche "gemeinsamen Planungen" gar nicht herum kommen, sobald sie ihre Atomwaffen in verbündeten Staaten Spazieren führen und stationieren, denn dafür braucht es ungeheuer viel Mitwirkung an der Infrastruktur und an Verkehrslenkung, damit die Sicherheitsstandards im verbündeten Ausland/Deutschland nicht geringer sind als beispielsweise in der Wüste Nevadas, denn Atomwaffen sind wartungsträchtig und sind fortlaufend auf Reise zwischen den Stützpunkten in den USA und in Europa.

Der Vertragsbruch "ohne Teilhabe"

Die zu atomarer Potenzschwäche verdonnerten Politiker kommen immer wieder auf Ideen, wie sie sich für ihre atombewaffneten Kollegen wichtiger machen können. So beraten in diesem Monat (Mai 2008) die Spitzen von CDU und CSU, dass die deutsche Luftwaffe unbedingt Atomwaffenträger-Flugzeuge und Atomwaffen-Lagerstätten brauche, "um die nukleare Abschreckungsfähigkeit" der entsprechenden Verbündeten zu erhöhen.

Das wäre konkrete "Weiterverbreitung von Atomwaffen" in zweierlei Hinsicht, a) nach Deutschland, b) Erhöhung des atomaren Schlagkraft anstelle deren Minderung, also ein doppelter Bruch des Nichtweiterverbreitungsvertrags.

Und das hatten wir alles an Diskussion schon in den frühen Achtzigern. Damals, "um die Sowjetunion abzuschrecken", als hätten dazu die Interkontinentalraketen nicht gereicht, heute "zur Abschreckung des Iran", aber auch aus Gründen solcher Wiederholung ist gar nicht seltsam, dass sich Russland bedroht fühlt und mit "Gegenmaßnahmen" droht, denn je dichter die Waffen dem Ziel auf den Pelz rücken, desto mehr taugen sie zum Erstschlag, während es für Vergeltungsstrategien viel eher darauf ankäme, dass die Waffen möglichst weit voneinander entfernt wären, um keine Präventivschläge zu provozieren.

Der ökonomische Faktor

Aber bei Rüstungsvorhaben geht es selten um Potenzschwächen allein, zumal mir Frau Merkel solchen Männerkulten unverdächtig scheint. Dass Merkel bei diesen Dingen mitmacht, dürfte ihrer Sorge um den "Exportweltmeister Deutschland" geschuldet sein. Das macht eben auch anfällig für den Lobbyismus der Rüstungsindustrie, denn wie sie sich freuten, dass die US-Luftwaffe europäische Tankflugzeuge anstelle von Boeings bestellte, so möchte man nun auch in die großen Bomberflotten hinein: "Das sichert Arbeitsplätze." Und wenn es nicht nur für die eigenen Streitkräfte ist, sondern Werkbank für die weltstärkste Militärnation, dann bringt es dem Bund sogar noch Geld in Kassen, was es von Hitlers "Rüstung schafft Arbeit" immerhin unterscheidet, der sich nicht auf Handel, sondern nur auf Raubzüge verstand.

Aber trotzdem ist es die falsche Politik, denn Rüstung schafft nicht nur die teuersten Arbeitsplätze, sondern schafft Spannung, braucht Spannung und entlädt sich dann auch, wenn es vom vielen Gelüge und Gedrohe kein Zurück mehr gibt, weil der Schwindel sonst auffliegen würde.

"Es soll ein Ruck durch Deutschland gehen!"

Ich bin für die Gleichberechtigung aller Nationen und auch für die Wehrhaftigkeit, obschon sie sich auf den Wegen der Selbstjustiz nicht bewährt, sondern auf das Gewaltmonopol der Vereinten Nationen gestützt sein sollte. 
Aber nach zwei Weltkriegen und glücklich überstandenem Ost-West-Konflikt sollte sich das vereinte Deutschland den Luxus leisten und anderen das Waffengeschäft überlassen, denn es müsste mit dem Teufel zugehen, wenn sich die produktive Genialität ausgerechnet wieder in Kriegsgerät vergaloppiert anstatt in Wissenschaft und Technologien, die den Druck auf die Naturressourcen und zwischen den Menschen nehmen. 
Das muss Anliegen sein, das wäre Sicherheitspolitik, zumindest der Teil davon, der Deutschland auch im Alleingang am ehesten möglich ist. 
Und "Best practice" wäre es obendrein, wie Bundesinnenminister Schäuble in seinem Glossar zum "E-Government" leider fernab der Amtssprache, aber möglicherweise für die Globalisierung des Bürgers befähigen möchte. 

Frau Merkel soll ihren Kabinettsleuten sagen: "Schluss mit dem Unfug. Ihr seid nicht hier, denen Politik zu machen, die Euch die Diäten durch Beraterhonorare aufstocken, sondern für diejenigen, die Euch die Diäten zahlen. Also denkt Euch Besseres aus."

Oder irre ich mich in Frau Merkel? Und sie bastelt an einer Konzern-Karriere, als sei ihre nicht glänzend genug? Das wäre enttäuschend.

Bei Merkel kann tatsächlich auch sein, dass sie an die "Abschreckung durch Atomwaffen" glaubt und deshalb das Papier zustande kam. Wer aber die Abschreckung mit Atomwaffen für statthaft erklärt, darf sich dann nicht wundern, dass auch die uns unlieberen Staaten nach Atomwaffen streben. So widerspricht auch das Festhalten an der nuklearen Abschreckungsstrategie dem Atomwaffensperrvertrag.

-markus rabanus-20080504

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